Grundsätzliches über die Muskulatur, Bindegewebe, Muskelketten und Faszien.
Wichtig in der Schmerztherapie und für die Gesunderhaltung / Fitness.
Warum Muskeln so wichtig sind:
Muskeln machen nicht nur stark, sie halten uns auch schlank, fit und gesund. Etwa 40% des Körpers ist Muskulatur – auch die inneren Organe sind von Muskeln durchzogen.
Die Bewegungs- und Haltemuskulatur lässt uns aufrecht gehen, schützen und bewegen die Gelenke. Der zweibeinige Gang des Menschen ist eine Perfektion – kein Tier hat die Ausdauer eines Menschen bei einem schnellen Lauf / Gang. Ein laufender, durchschnittlich trainierter Mensch kann problemlos ein Pferd oder eine Antilope auf Dauer vollkommen erschöpfen – auch wenn unsere Maximalgeschwindigkeit beim Laufen geringer ist. In der Ausdauer sind wir den Vierbeinern weit überlegen.
Nicht zuletzt verbrennen aktive Muskeln Fett. Wer also etwas für sich tun will, sollte seine Muskulatur erhalten oder sogar stärken. Für den Erhalt gilt ein biologisches Grundgesetz: Bekommen die Muskeln keine Reize, weil sie aus Bequemlichkeit nur minimal eingesetzt werden, verharren sie zunächst auf dem einmal ausgebildeten Niveau und bilden sich schließlich sogar zurück.
Unter Stärkung versteht sich aber keine isolierte Kräftigung, sondern der Einklang aus Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer. In der Praxis wird heutzutage die Beweglichkeit am meisten vernachlässigt, woraus unzählige Schmerzprobleme entstehen (Rückenschmerz, Nackenschmerz, Meniskusschmerz, Achillessehnenschmerz, ISG-Blockaden, Fussschmerzen, Tendopathien (Sehenreizungen), Ischialgie, Bandscheibenvorfall…bis hin zu Arthrose).
Auch wenn hier aus Vereinfachungsgründen von Muskeln gesprochen wird, umfasst die Biokinematik das Denken in Muskelketten und sogenannten Faszien. Dieser Begriff schliesst das den Muskel umhüllende und durchziehende Bindegewebe mit ein, dass bei Funktionsstörungen eine große Rolle spielt und das Bindeglied zwischen Emotionen / Unfallschocks zur Bewegungsfähigkeit und Funktion der Muskulatur nach aktueller wissenschaftlicher Forschung darzustellen scheint.
Fehlende Bewegung schwächt die Muskulatur
Ein durch Gipsverband ruhig gestelltes Bein nimmt bereits nach relativ kurzer Zeit deutlich an Umfang ab. Ursache dafür ist nicht ein Fettabbau, sondern ein Verlust an Beinmuskulatur. Oft genügen schon Tage Ruhigstellung, um in der Muskulatur einen Funktionsverlust zu haben. Insbesondere die Beweglichkeit verringert sich am schnellsten, das gilt z.B. für Operationen mit anschliessender Ruhigstellung bei Sportverletzungen. Beispiel Bein: Hier entstehen schnell typische Beuge- oder Streckdefizite, unter denen das Kniegelenk langfristig sehr leidet und welche die Ursache für Meniskusverletzungen und Schmerzen darstellen können.
Muskeln sind nicht nur etwas für Männer
Die fettfreie Körpersubstanz (Muskeln, Knochen, Organe und Körperwasser), die so genannte Lean Body Mass, macht bei Frauen etwa 70 bis 80 Prozent des Körpergewichts aus, bei Männern sind es dagegen 80 bis 90 Prozent (je nach Trainingszustand). Da Muskeln stoffwechselaktives Gewebe sind und auch im Ruhezustand Energie verbrauchen, haben Männer deshalb einen höheren Grundumsatz als Frauen.
Frauen sollten aber keine Angst vor zuviel Muskeln haben, denn Muskulatur formt den Körper. Aufgrund vieler physiologischer Gegebenheiten(Hormonproduktion) können Frauen zudem keine riesigen Muskelmassen aufbauen.
In der Praxis ist die Muskelmasse von geringer Bedeutung, denn wie am Beispiel der Freeclimber deutlich wird, kann ein Körper auch mit wenig Muskelmasse äußerst leistungsfähig sein. Grundbedingung ist eine gute Muskelfunktion.
Aufbau und Funktion der Muskeln
Durch Zusammenziehen (Kontraktion) und Erschlaffung (Relaxation) ermöglicht das Muskelgewebe als Motor des gesamten Bewegungsapparates die aktiven Bewegungsabläufe unseres Körpers.
Die wichtigste Muskelgruppe ist die so genannte Skelettmuskulatur. Der Grundbaustein der Skelettmuskulatur sind die quergestreiften Muskelfasern, die wiederum zu größeren Muskelfaserbündeln zusammengefasst sind. Jede einzelne Muskelfaser beinhaltet kontraktile Elemente (Myofibrillen) für die Energieproduktion (Mitochondrien) sowie Energiespeicher (Glykogen).
Im Gegensatz zu anderen Muskelarten, z.B. die Darmmuskulatur, können wir die quergestreifte Muskulatur in Kraft, Geschwindigkeit und Dauer der Kontraktion bewusst beeinflussen.
Verschiedene Muskelfasern
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass nicht alle Sportler durch die selben Trainingsmaßnahmen auch den gleichen Erfolg erzielen. Das hängt damit zusammen, dass jeder Muskel aus verschiedenen Muskelfasertypen besteht. Man unterscheidet im Wesentlichen zwei unterschiedliche Typen:
- Rote langsam zuckende Muskelfasern (slow-twich-fibers oder ST Fasern) sind schlank. Sie kontrahieren und erschlaffen langsam, wie der Name schon sagt. Ihre rote Farbe erhalten sie durch einen hohen Myoglobingehalt. Das Protein Myoglobin ist der Sauerstoffspeicher des Muskels. Außerdem sind sie reich an Mitochondrien. Daraus resultiert eine höhere Kapazität bei der aeroben Energiegewinnung aus Kohlenhydraten und Fetten für Ausdauerleistungen.
- Weiße, schnell zuckende Muskelfasern (fast-twich-glycolytic-fibre oder FTG-Fasern) enthalten weniger Myoglobin und haben damit ein blasses Aussehen. Weiße Fasern sind deutlich dicker als rote und verfügen über eine hohe Kapazität für kurzfristige, anerobe Kraftleistungen (Energie aus Kohlenhydraten ohne Sauerstoff). Die weißen Muskelfasern kommen überwiegend bei kurzen kraftvollen Bewegungsabläufen (Schnellkraft, Intervallbelastung) zum Einsatz und haben das größte Wachstumspotenzial.
In der Praxis ist der Unterschied aber nicht von Bedeutung, da der Körper in der Regel die von ihm benötigten Muskelfasern je nach Belastung aufbaut. In der heutigen Zeit ist diese Belastung leider oft sehr statisch (Haltetätigkeiten wie Büroalltag, Sitzen…) und daher geht die Geschmeidigkeit der Muskulatur verloren.
Verteilung der Muskelfasertypen
Normalerweise finden sich schnell und langsam kontrahierende Muskelfasertypen etwa zu gleichen Teilen im Körper. Die genaue Zusammensetzung der Skelettmuskulatur aus den unterschiedlichen Fasertypen ist dabei stark anlagebedingt, was für beide Geschlechter gilt.
In Einzelfällen kann das Verteilungsmuster jedoch auch 70:30 bzw. 30:70 betragen. Solche Personen sind dann entweder Kraftsportler oder Marathonläufer. Das persönliche Verteilungsmuster der Muskelfasertypen (rechzeitig) zu erkennen, kann also unter den Zielsetzungen im Leistungs- und Hochleistungssport helfen, individuelle sportartspezifische Spitzenleistungen zu realisieren bzw. die persönlichen Chancen dafür auszuloten.
Für Präferenzen im Bodybuilding wird ein hoher Anteil an weißen Muskelfasern benötigt. Zwar können sich auch rote Fasern durch Training verdicken, die weißen neigen aber stärker zu Hypertrophie(Verdickung). Durch Ausdauertraing lassen sich beispielsweise weiße Fasern in rote Fasern umbilden. In der Praxis spielt das bei der Therapie keine besondere Rolle; der Körper weiss selbst am besten, welche Fasern für welche Aktivitäten benötigt werden und baut diese durch Trainingsreize auf.
Verspannung oder Abschwächung
Die Muskulatur, die die Wirbelsäule stabilisiert, hat als aktives Spannungssystem die Aufgabe, die Wirbelsäule zu bewegen und sie gegen die Schwerkraft aufrecht zu halten.
Hierbei wirken verschiedene Muskelgruppen. Grob vereinfacht können die Muskeln entsprechend ihrer Faserzusammensetzung und Alltagsbeanspruchung zum einen in Muskeln eingeteilt werden, die eine dauerhaft erhöhte Grundspannung haben. Diese Muskeln neigen bei Fehlbelastung zur Verspannung (=Minderbeweglichkeit) oder zur Abschwächung. Einer der Hauptgründe für diese Veränderungen, welche die Grundlage für chronische Schmerzzustände und Fitnessverlust bilden, ist exemplarisch im Bild die sitzende Tätigkeit vieler Menschen über lange Zeitspannen.
Muskeln mit Tendenz zur Verspannung / Verkürzung
Vorderseite
- Brustmuskulatur (M. pectoralis)
- Lendendarmbeinmuskel (M. iliopsoas bzw. M.iliacus & M. psoas)
- Adduktoren
- Gerader Oberschenkelmuskel (M. rectus femoris)
Rückseite
- >Schulterblattheber (M. levator scapulae)
- >Kapuzenmuskel (M. trapezius, absteigender Anteil)
- >Rückenstreckmuskulatur (M. erector spinae, Lendenbereich)
- >Hintere Oberschenkelmuskulatur (ischiocrurale Muskulatur)
- >Wadenmuskulatur (M. triceps surae)
Muskeln mit Tendenz zur Abschwächung
Vorderseite
- Vordere tiefe Halsmuskulatur
- Vorderer Sägemuskel (M. serratus anterior)
- Gerade und schräge Bauchmuskulatur (M. rectus abdominus / M. obliquus internus und externus)
- Vordere Oberschenkelmuskulatur (M. quadrizeps)
- Vorderer Schienbeinmuskel (M. tibialis anterior)
Rückseite
- Rhombenmuskel (M. Rhomboidei)
- Kapuzenmuskel (M. trapezius, aufsteigender und quer verlaufender Anteil)
- Rückenstrecker (Brust- bis Lendenbereich)
- Kleine Gesäßmuskeln (M. glutaeus medius und minimus)
- Großer Gesäßmuskel (M. glutaeus maximus)
Schwerpunkt der Biokinematik sind funktionsgestörte Muskeln, was praktisch in den meisten Fällen Verspannung / Verkürzung / Minderbeweglichkeit bedeutet. Fehlende Kraft wäre alleine kein Grund für chronische Schmerzen, mit Ausnahme von Kraftverlusten wirklich großen Ausmaßes (z.B. nach Bettlägerigkeit / Operationen).
Muskeln scheinen im übrigen die am meisten vernachlässigte körperliche Struktur in der Medizin zu sein. Während es für alle Körperbereiche prinzipiell Fachärzte gibt, beschäftigt sich keine Arztgruppe primär mit der Muskulatur. Daher fehlt es hier an Wissen, welche Störungen rein muskulär bedingt sind und therapeutisch fälschlicherweise anderen anatomischen Strukturen zugeordnet werden (z.B. Meniskusschmerzen, Nervenschmerzen, Neuralgien, Bandscheibenschmerzen . . .).
Ein Muskel besteht aus vielen einzelnen Muskelfasern. Jede Faser ist aus vielen kleinen Getriebeelementen aufgebaut (Sarkomeren), welche die eigentliche Bewegung durchführen. In einem Muskeltraining oder im Fitness kann nur Muskelfaserbündel trainiert werden, nie eine einzelne Muskelfaser selbst. Jedes einzelne Muskelfaserbündel repräsentiert mit seinem muskulären Gegenspieler (Antagonisten) eine genau geometrisch definierte Raumrichtung. Hier wirken Zugkräfte, die immer eine spiralförmige, elipsoide Bewegungsrichtung repräsentieren.
Gerade oder kreisförmige Bewegungen kommen in lebendigen Systemen der Biologie nicht vor. Muskeln sind wie eine Art Getriebe und müssen auf der gesamten Bewegungsbahn geometrisch zu ihrem jeweiligen muskulären Gegenspieler passen. Idealerweise sollten sie in Ruhe weich und locker sein. Die Muskeln arbeiten hierbei in Muskelketten zusammen, die auch als solche auf ihrer Gesamtlänge ausreichend beweglich und kräftig trainiert werden sollten. Diese sind hierbei immer so stark wie ihre schwächsten Glieder, die häufig im Bereich der Finger-/Zehenmuskulatur zu suchen sind. Effizientes Krafttraining würde somit somit insbesondere die Kräftigung der am meisten vernachlässigten kleinen Muskeln voraussetzen.
Bei Überbelastung tritt ein Schmerz im Regelfall am stärksten Teil des Systems auf, beispielsweise im Bizeps / Trizeps oder der Oberschenkelmuskulatur.
Folgen eines zu einseitigen Krafttrainings:
Es ist interessant zu beobachten, wie viele Menschen sich im Sinne eines Schönheitsideals mit einer permanenten Anspannung der Bauchmuskulatur (Einziehen des Bauches) bewegen. Verbunden mit Bauchmuskeltraining entstehen hier typischerweise die ersten Probleme, die sich in Rückenschmerzen (Hexenschuss) äußern. Dies ist kein Votum für “No Sports”, dennoch sollte die Muskulatur besser in Länge trainiert werden. Dies geschieht am Besten durch natürliche Bewegung ohne Fitnessmaschinen. Besonders zu empfehlen ist (Barfuß-)Laufen, Rennen, Bergwandern etc. auf natürlichen, unebenen Untergründen.
Dieser weitreichende Aspekt sollte bei muskulärem Kräftigungstraining (z.B. Muskuläre Kräftigungs-Therapie) zukünftig berücksichtigt und umgesetzt werden. Kraftmaschinen zwingen den Körper in unnatürliche Bewegungsbahnen und verkürzen in der Regel zusätzlich die Muskulatur. Dies kann zu chronischen Schmerzproblemen führen oder diese verstärken, Durch ein geeignetes, speziell abgestimmtes Beweglichkeits-Übungsprogramm(Konzept der Biokinematik sind aber meist schnell wieder in den Griff zu bekommen. Ein Muskel sollte ausdauernd kräftig und BEWEGLICH sein, um maximal viel Leistung zu erbringen.
Wie Abhilfe schaffen und Vorbeugen?
Über ein entsprechendes muskuläres Trainingsprogramm zur Verbesserung der Muskelfunktion und Beweglichkeit. Wir bieten einen insgesamt viertägigen, intensiven Workshop im Sinne einer effizienten Schmerzprophylaxe und vorbeugender Arthrosetherapie an.
Nähere Informationen immer aktuell in der Seminarübersicht. Grundsätzlich befürworten wir jedes Training, dass die Beweglichkeit aufrecht erhält oder schnell verbessern kann. Die Biokinematik Übungen leisten dies auf effiziente Art und Weise und haben sich seit Jahrzehnten bewährt.
Beispiel eines sportlich ambitionierten Radfahrers:
Durch die permanente Fixierung des Fußes in der Pedale kann nur ein Teil der Oberschenkelmuskulatur für die Kraftübertragung herangezogen werden. Die Kraftwirkung dieser Muskelfasern ergibt sich mathematisch aus dem geometrischen, spiralartigen Verlauf, den jeweils nur bestimmte Muskelfaserketten leisten können. Entgegen einem gesunden Normalzustand wird durch eine sehr einseitige sportliche Belastung jeweils nur ein Teil der Muskelfasern auf Höchstleistung trainiert, während der restliche Teil eher passiv und unttrainiert bleibt. Die Bewegungsbahn wird auf diese Weise insgesamt unphysiologisch verändert – die Bewegungsgeometrie entgleitet, und führt in der Folge zu Schmerzen, Missempfindungen und muskelbedingten (myogenen) Lähmungen.
Folgen von isoliertem Krafttraining:
Diejenigen Muskelfasern, die trainiert werden, führen zu einem Muskelwachstum (Sarkomer-Wachstum) im Sinne einer parallelen Anordnung nebeneinander. Durch diese “Schwellung” verkürzt sich in der Regel die absolute Faserlänge. So geht die Muskelbeweglichkeit immer mehr verloren. Spürbar wird das durch eine Verhärtung der Muskulatur auch im Ruhezustand, wie sie bei Bodybuildern extrem häufig anzutreffen ist. Durch ein derartig überzogenes Krafttraining wird Muskelgeometrie des Agonisten/Antagonisten fundamental verändert.
Die Entstehung von muskulären Problemen (Schmerz, Kraftlosigkeit u.a.)
Hier kommt nun das Körperbewusstsein und die Eigenwahrnehmung des Körpers ins Spiel:
Das Gehirn erhält permanent unzählige Informationen über die Position der Muskeln und damit auch der Position der einzelnen Knochen. Die Anspannung und die eventuellen Belastungen in den Gelenken (die im Idealfall immer unbelastet, d.h. kraftfrei arbeiten) werden permanent gemessen und reguliert. Wird der vom Körper vorgegebene Schwellenwert überschritten, darf die Bewegung nicht mehr ausgeführt werden, da der Körper sich sonst selbst verletzten würde. Es erfolgt ein automatisches Ausweichen auf unsanftere, einfachere Bewegungsmuster. Sofern auch dies im weiteren Verlauf zu Überbelastungen führt, muss ein Schmerz die Bewegungsausführung vorab verhindern.
Ort des Schmerzes
Der Schmerz tritt – logisch nachvollziehbar – an dem Muskel im Körper auf, der die Überbelastung verstärkt. Während die eigentliche Störung in der Agonistenkette (Spieler) durch eine Veränderung der Muskelgeometrie bedingt ist, tritt der Schmerz an der Stelle der Antagonistenkette (Gegenspieler) auf, die am effektivsten die krankhaft gestörte Bewegung verhindert. Innerhalb dieser Kette ist es dann meist der jeweils stärkste Muskelbereich, der schmerzt. Dieser könnte die gegenüberliegende Muskelkette am meisten schädigen und wird deshalb über ein Schmerz zum “Stillhalten” gezwungen. Insofern wird der Schmerz meistens in der intakten Körperregion wahrgenommen (Rücken, Knie, Ellenbogen, Kopf …) während der gestörte Körperbereich unbewusst bleibt. Dies erklärt auch viele unnötige Operationen und Interventionen an der falschen Körperstelle mir dann echter Schädigung des menschlichen Körpers. Der Ansatz der Biokinematik ist dagegen sanft und nicht körperverletzend, wenngleich das Training überaus anstrengend und zeitintensiv sein kann (in Abhängigkeit vom Ausmass der Muskelfunktionsstörung und der Beweglichkeit).
Die Biokinematik ist ein Teilgebiet der Biomechanik, das sich mit der Bewegungsanalyse und -beschreibung von lebenden Organismen beschäftigt. Es untersucht die Bewegungen von Körpern und Gelenken unter Berücksichtigung der anatomischen und physiologischen Eigenschaften des Organismus.
Biokinematik befasst sich insbesondere mit der Analyse von Bewegungsmustern, -geschwindigkeiten und -beschleunigungen sowie der Kraft- und Momentenübertragung in den Gelenken und Muskeln. Dieses Wissen wird in verschiedenen Bereichen wie der Sportwissenschaft, der Rehabilitation, der Orthopädie und der Chirurgie angewendet.
Einige wichtige Aspekte der Biokinematik sind:
- Die Beschreibung von Bewegungsmustern und -parametern wie Geschwindigkeit, Beschleunigung und Drehmoment
- Die Analyse von Kraft- und Momentenübertragung in den Gelenken und Muskeln
- Die Untersuchung von Bewegungsstörungen und -defiziten
- Die Entwicklung von Trainings- und Rehabilitationsprogrammen
- Die Anwendung von Biokinematik in der Medizin und der Sportwissenschaft
Biokinematik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das Wissen aus der Biologie, Physik, Mathematik und Ingenieurwissenschaften kombiniert, um die Bewegungen von lebenden Organismen zu verstehen und zu beschreiben.
Innerhalb der Medizin gibt es eine Gruppe von Therapeuten, die auf Basis dieser Prinzipien spezielle Übungen und osteopathische Techniken entwickelt haben. Sie wird insbesondere bei Schmerzpatienten angewandt und ist allgemein mit sehr guten Erfolgsaussichten belegt (vor allem, aber nicht ausschliesslich, im Bereich chronischer, orthopädischer Beschwerden).
Die Biokinematik entspricht in ihrer Vorgehensweise einer neurologischen-muskulären Schmerztherapie.
Diese wird wie folgt definiert:
Therapiemethoden der Neuro-muskulären Schmerztherapie
Die neuro-muskuläre Schmerztherapie umfasst eine Vielzahl von Techniken, die sowohl auf die Muskulatur als auch auf das Nervensystem abzielen:
- Manuelle Therapie:
- Triggerpunktbehandlung: Dabei wird gezielt Druck auf bestimmte Punkte im Muskelgewebe ausgeübt, um Triggerpunkte zu lösen und Schmerzen zu lindern. Dies kann durch direktes Drücken auf den Triggerpunkt, Dehnen oder gezielte Massage erfolgen.
- Faszientechniken: Faszien (das Bindegewebe, das Muskeln und Organe umhüllt) spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Schmerzen. Mit speziellen Techniken wird die Beweglichkeit des Bindegewebes verbessert und muskuläre Verspannungen abgebaut.
- Dehnung und Mobilisation:
- Durch sanfte besonderes Muskellängentraining werden verhärtete Muskeln gelockert und in ihrer Beweglichkeit gefördert. Dies kann helfen, die Muskeln zu entspannen, die Durchblutung zu fördern und die Nervenreizungen zu lindern.
- Neuromuskuläre Reeducation:
- Dies bezieht sich auf spezielle Übungen, die darauf abzielen, das Nervensystem neu zu “schulen”, um eine bessere Kommunikation zwischen Muskeln und Nerven zu ermöglichen. Ziel ist es, die Bewegungskoordination und Körperwahrnehmung zu verbessern, was besonders bei Fehlhaltungen oder Bewegungseinschränkungen von Bedeutung ist.
- Psychologische Ansätze:
- Da Stress und emotionale Faktoren eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzen spielen können, werden auch Entspannungsübungen, Achtsamkeit und Traumatherapie in die Behandlung einbezogen, um die schmerzbedingte Angst und Verspannung zu reduzieren.
Indikationen für die Neuro-muskuläre Schmerztherapie
Die neuro-muskuläre Schmerztherapie wird in einer Vielzahl von Schmerzsyndromen angewendet, darunter:
- Chronische Rückenschmerzen: Insbesondere bei muskulär bedingten Rückenschmerzen oder bei Schmerzen, die durch muskuläre Verspannungen und Fehlhaltungen hervorgerufen werden.
- Nackenschmerzen: Vor allem bei verspannter Muskulatur, die durch Haltungsschäden, falsche ergonomische Bedingungen oder Stress entstehen kann.
- Kopfschmerzen und Migräne: Viele Kopfschmerzarten, einschließlich Spannungskopfschmerzen, können mit Verspannungen in der Nacken- und Schultermuskulatur zusammenhängen. Triggerpunkte in diesen Bereichen werden durch die Therapie angesprochen.
- Schulter- und Armprobleme: Probleme wie Frozen Shoulder, Tennisarm oder Sehnenscheidenentzündungen können von muskulären Dysbalancen und Nervenkompressionen herrühren, die durch neuro-muskuläre Schmerztherapie behandelt werden.
- Myofasziale Schmerzsyndrome: Schmerzen, die durch Triggerpunkte und Muskelverspannungen verursacht werden.
- Postoperative Schmerzsyndrome: Nach Operationen können Narbengewebe und Fehlhaltungen durch eingeschränkte Beweglichkeit zu Schmerzen führen. Diese können durch gezielte Therapieansätze behandelt werden.
Fazit
Die neuro-muskuläre Schmerztherapie ist eine ganzheitliche Behandlungsmethode, die Muskelverspannungen, Triggerpunkte und die neurologische Schmerzverarbeitung ansprechen kann, um chronische und akute Schmerzen zu lindern. Sie kombiniert manuelle Techniken, therapeutische Übungen und moderne Therapieverfahren, um die Muskulatur zu entspannen, die Nervenkontrolle zu optimieren und das Schmerzempfinden zu verringern. Sie ist besonders bei muskulär bedingten Schmerzsyndromen oder nach Verletzungen und Operationen von Bedeutung.
Erforderlichkeit von Operationen stets hinterfragen!
Aufgrund des Webseiten-Umfang können die verschiedenen operativen Schmerzbehandlungs-Methoden und Operationstechniken an dieser Stelle nicht ausführlich beschrieben und erläutert werden. Das kann sehr leicht im Internet recherchiert werden.
Vielmehr soll ein Überblick gegeben werden, inwieweit derartige Operationsverfahren wirklich ursächlich Schmerzen behandeln und wo mögliche Risiken dieser Eingriffe liegen. In vielen Fällen sind reine Schmerztherapie-Operationen vermeidbar, wenn die in Wahrheit muskuläre Ursache vieler Schmerzprobleme mit dem Therapiekonzept der Biokinematik behandelt wird.
Sinnhaftigkeit von Operationen
Die Meinungen in der Ärzteschaft, bei welchem Krankheitsbild eine Operation notwendig ist, gehen weit auseinander. An dieser Diskussion möchte ich mich nicht beteiligen, da jeder Betroffene ein individuelles Krankheitsbild und für und wieder einer Operation gegeneinander abgewogen werden müsse.
Dennoch möchte ich zitiere hier den Begründer der Biokinematik (Arzt Walter Packi) zitieren, der nach der mathematischen Analyse der menschlichen Bewegungslehre einen solchen Eingriff, um Schmerzen auszuschalten, in der Regel aus folgendem Grund ablehnt:
Orthopädische Operationen verändern, im Gegensatz zu unfallchirurgischen Operationen die Geometrie des Körpers. Während in der Unfallchirurgie – ehemals Wiederherstellungschirurgie genannt – möglichst achsen- und winkelgerecht wiederhergestellt wird, was die Natur vorgegeben hat, verfolgt die Orthopädie das gegenteilige Ziel. Achsen und Winkel werden mit Absicht verändert, Muskeln werden verlagert, Bandstrukturen werden verlegt. Der Körper als mechanisch selbstorganisierendes System wird in seiner Funktionalität dadurch mehr oder weniger empfindlich gestört. Obwohl in der Orthopädie bisher keine Vorstellung darüber existiert, nach welchen gesetzmäßigen Kriterien die Mechanik des Körpers aufgebaut ist, ist die Orthopädie gleichwohl der festen Überzeugung, diese Mechanik des Körpers “verbessern” zu können. X-Beine und O-Beine werden “begradigt”, Schenkelhälse werden abgeflacht oder aufgerichtet, Kinder werden vorsorglich umgestellt. Dies alles im Sinne der Schmerztherapie. Grundlage ist ein Denken, welches die Statik des Menschen im Blickfeld hat, wobei vergessen wird, dass der Mensch den Gesetzen der Statik überhaupt nicht unterliegt. Denn der Mensch bewegt sich, solange er lebt. Zur Ruhe, also in die Stase, kommt er erst mit dem Tode. Ein Gebäude untersteht den Gesetzen der Statik. Eine bewegte Struktur, wie der Mensch oder ein Auto, unterliegt den Bewegungsgesetzen, also der Kinematik. Wenn ein bewegter Körper nach den Gesetzen der Nichtbewegung behandelt wird, dann wird er geschädigt und nicht gebessert. Eine Wiederherstellung der ursprünglichen physiologischen Funktionen ist nicht mehr möglich. Schmerzen und/oder funktionelle Lähmungen bleiben Dauerzustand.
Chirurgen, die sicherlich mehrheitlich ihr Handwerk verstehen, werden naturgemäß schneller zu einer Operation raten, obwohl sie vielleicht das Schmerzgeschehen nicht verursachungsgerecht interpretieren.
Selbst Ärzte, die der biokinematischen Behandlungsmethode skeptisch gegenüber stehen, sollten nach den Ausführungen im Deutschen Ärzteblatt (am Beispiel der lumbalen Schmerzen) grundsätzlich nur in seltenen Fällen operieren:
A1474 (56) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 22, 31. Mai 1996 Das Lumbalsyndrom – Prävention, Diagnostik und Therapie
Nur zehn Prozent der Lumbalsyndrome mit nachgewiesenem Bandscheibenvorfall (also nicht 10% aller Rückenschmerzen) bedürfen der operativen Behandlung durch Entlastung. Eine absolute Indikation zur – in der Regel offenen – Dekompression besteht beim Cauda equina- Syndrom mit Schließmuskellähmung und bei akuten Paresen funktionell wichtiger Beinmuskeln. Eine relative Indikation wird beim therapierefraktären und beim chronisch rezidivierenden Wurzelsyndrom mit segmentalem Schmerzband in Verbindung mit entsprechendem Leidensdruck gesehen. Unbedingte Voraussetzung ist immer ein mit dem klinischen Bild zusammenpassender tomographischer Befund mit etagen- und seitenkonformem Kompressionsnachweis durch Bandscheibe, Knochen oder beide. Zur Vermeidung postoperativer Narbenbildung, die ebenso wie segmentale Instabilität ein Postdiskotomiesyndrom bewirken kann, sind bei der konventionellen Operation mikrochirurgische Methoden vorzuziehen. Narbenbedingte chronischrezidivierende Schmerzen neigen auch nach minutiöser Narbenresektion zum Rezidiv; deshalb muss postoperative Narbenbildung als eines der am wenigsten kalkulierbaren Risiken auch bei schonender offener Periduralchirurgie angesehen werden. Demgegenüber ist schmerzhafte Instabilität nach Diskotomie, im Rahmen der Diskopathie und aus anderen Gründen, sofern sie als solche diagnostisch eindeutig verifiziert ist, der monosegmentalen Spondylodese gut zugänglich. Die so genannten perkutanen Bandscheibenoperationen setzen als intradiskale Maßnahmen ein intaktes hinteres Längsband voraus. Deshalb sind freie Bandscheibensequester und voroperierte Bewegungssegmente hierfür ungeeignet, desgleichen die knöcherne Lumbalkanalstenose.
Am günstigsten ist die Prognose bei eindeutigen Wurzelzeichen und ausschließlich diskogener Kompression. Im übrigen gelten die gleichen Indikationskriterien wie bei der konventionellen Operation. Eine abschließende Bewertung der minimalinvasiven Behandlungsmethoden ist derzeit noch nicht möglich. In Deutschland stellen 10 – 20% aller Bandscheibenoperierten Patienten Rentenanträge; nach Zweit- oder Mehrfacheingriffen ist der Anteil doppelt so hoch.
Die Notwendigkeit eines Eingriffes bei Ausfallerscheinungen, sollte durch die Überprüfung, ob eine muskelverursachte Lähmung (myogen) oder eine neurologische Lähmung vorliegt, genau geprüft werden. Falschdiagnosen sind leider nicht selten.
Beispielsweise bringt auch eine Diskografie (Injektion unter Röntgenkontrolle) häufig keine wirkliche Diagnose, werden doch die muskulären Strukturen durch die Höhenzunahme der Bandscheibe ebenfalls weiter gedehnt. Eine Schmerzzunahme wäre in diesem Fall ebenfalls über die Muskulatur erklärbar.
Auch juristisch gesehen ist es erforderlich zu klären, ob eine Operation wirklich die bessere Alternative ist. So schreibt der Bundesgerichtshof (BGH VI ZR 100/99 Quelle: NJW 2000, 178) zu dem Thema:
Wer operiert wird, ohne vorher über eine alternative Behandlungsmethode ohne Skalpell informiert worden zu sein, kann durchaus einen Anspruch auf Schmerzensgeld haben. Die Klägerin war 1990 wegen Problemen mit der Bandscheibe in die Neurochirurgie eines Krankenhauses eingeliefert und war mit Erfolg eine Woche zunächst medikamentös behandelt worden. Später empfahlen die behandelnden Ärzte der Frau eine operative Behandlung. Allerdings, ohne sie vorher über alternative Behandlungsmöglichkeiten ohne Messer informiert zu haben. Erst nach der Operation erfuhr die Frau davon – und klagte. Mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof hob die ablehnenden Entscheidungen auf. Grundsätzlich müsse ein Patient aufgeklärt werden, wenn es mehrere medizinisch indizierte und übliche Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen gebe. Zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts müsse dies selbstverständlich auch dann gelten, wenn eine Operation durch eine konservative Behandlung vermieden werden könne.
Operationen – Fazit
Die Entscheidung für oder gegen eine Operation, mündet häufig in eine Art Glaubenskrieg, den der betroffene Patient meist selbst nicht bewerten kann. So werden von den verschiedenen Ärzten unterschiedliche Argumente und Methoden vorgezogen. Bei genauerer Analyse stellt der Betroffene dann meist Widersprüchlichkeiten in den Ausführungen fest. Ebenfalls wird die Ursache der Schmerzen in der Regel nicht beschrieben. Stattdessen wird von Veranlagung, Degeneration, oder psychogenen Faktoren gesprochen. Der Patient sollte deshalb genau prüfen und intuitiv versuchen, den für sich bestmöglichen Weg zu finden. Es erscheint ungefährlicher und erfolgsversprechend, vor einer Operation alle konservativen Methoden, Bewegung und die Übungen und Thesen des Biokinematik-Konzeptes in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Sich Körperteile operativ entfernen zu lassen, ist dagegen meist ein irreversibles Vorgehen und sollte wirklich die allerletzte Option sein, wenn sowohl muskuläre und/oder emotionale Ursachen ausgeschlossen worden sind.
Eine Operation bedeutet im Extremfall neben weiteren Schmerzen einen jahrelangen Rechtsstreit über Frühverrentung oder ärztliche Kunstfehler. Selbst bei vermeintlich harmlosen Eingriffen, wie dem RACZ-Katheter, finden sich Presseberichte über erste Gerichtsverfahren wegen schwerer Infektionen und Zerstörung von wichtigen Muskelteilen durch die eingespritzten Medikamente. Oftmals teure minimalinvasive Verfahren sehen weniger gefährlich aus, können jedoch im Einzelfall ebenfalls grossen Schaden anrichten.
Bei der Vorstellung der unterschiedlichen Methoden durch Ärzte in den Medien sollte der Patient in Betracht ziehen, dass auch wirtschaftliche Interessen die Darstellungen prägen können. Es existiert ein Widerspruch zwischen den von Ärzten publizierten Erfolgsquoten und den Berichten der Betroffenen. Meist sind wissenschaftlich seriöse Langzeitstudien nicht erhältlich. Operationen können oft kurzfristig helfen, da beispielsweise die Anästhesie muskulär krampflösend wirkt oder eine Körperstruktur etwas mehr Bewegungsspielraum bekommt. Mittelfristig treten die Beschwerden jedoch häufig wieder auf, da die wirkliche Schmerzursache nicht therapiert wurde.
Auf Kongressen von Wirbelsäulenchirurgen konnte ich mich selbst davon überzeugen, dass viele operative Therapien nicht den tatsächlichen Erfolg aufweisen, der vorab erwartet worden war.
Wichtig ist auch ein Verständnis, dass zahlreiche Operationen vermeidbar wären, sofern emotionale Ursachen des Schmerzgeschehens, wie beispielsweise Unfalltraumen, therapiert würden. Hintergrund des Schmerzgeschehens ist hier dann die Schockenergie, die Muskelstrukturen blockiert und zu einem muskulären Hypertonus führt. Derartige Ursachen lassen sich mit einer zielgerichteten Traumatherapie oftmals innerhalb von einer Behandlungssitzung auflösen. Mehr Informationen darüber finden sich im Buch “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele” erläutert.
Obwohl die Physiotherapie als der Schlüssel zur Schmerzfreiheit bei muskulären Störungen gesehen werden kann, wird sie in der Praxis leider häufig unzureichend angewendet. Das gilt auch für die Osteopathie, der im Regelfall zumindest ein zielführendes Übungskonzept fehlt mit der ein Patienten den Körper dauerhaft umstrukturieren kann.
Folgt man den biokinematischen Erkenntnissen, so setzt die Physiotherapie in der bislang praktizierten Form häufig an der falschen Körperregion an: Weil die Schmerzursache und der Ort des Schmerzes meist voneinander getrennt und in unterschiedlichen Muskeln anzutreffen sind, ist eine Therapie am Schmerzort falsch!
Jeder Versuch der Manipulation an dieser Stelle, sei es durch Krankengymnastik oder manuelle Therapie, wird eher Zufallsreaktionen des Körpers auslösen als im tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zu arbeiten.
Im Regelfall schmerzt die gesunde Muskelstruktur, während die “kranke” Struktur aus dem Körperbewusstsein regelrecht ausgeblendet ist.
Die Übungen in der Krankengymnastik sind oftmals weder dazu geeignet, die Muskulatur wieder auf Länge, Beweglichkeit und Funktion zu trainieren, noch entsprechend auf der Gesamtlänge zu kräftigen. Aussagen wie „Ihre Muskeln sind wie Pudding“, wie sie Patienten noch immer zu hören bekommen, beziehen sich ebenfalls auf ein Missverständnis einer optimalen Muskulatur, die in Ruhe immer weich und geschmeidig sein sollte. Die Übungen der Rückenschule sind (durch Studie nachgewiesen) nicht dazu geeignet, dauerhaften Erfolg beim Schmerzen zu erreichen. Sie haben zu sehr das Ziel eine Kräftigung zu erzielen und vernachlässigen das relevante “Beweglichkeitstraining”. Auch die seit kurzem eingeführte “Neue Rückenschule” oder “Rückenschule 2.0” ist aus meiner Sicht “alter Wein in neuen Schläuchen” und wird ebenso nicht den Nutzen erreichen, den man sich wünschen würde. Auch hier ist Kräftigung das Hauptziel. Wenig Körperkraft hat aber im Regelfall nichts mit chronischem Schmerz zu tun. Im Gegenteil verstärken sich durch Kräftigungstraining vielfach die Probleme noch mehr, gehen tiefer, wechseln die Stelle und führen dann oftmals mittelfristig zu Arthrose.
Was das Thema Koordinationsschulung anbelangt, das wichtig ist: Es sollte in Zukunft stärker ein Training auf der gesamten, vollumfänglichen Bewegungsbahn sein und sich nicht auf die Wahrnehmung einer vergleichsweise kleinen Bewegung oder Struktur konzentrieren. Besondere Beachtung verdienen hierbei die Muskelketten, die den Körper von oben bis unten durchlaufen.
Chiropraktik / Dorn-Therapie
Diese Ansätze, die bei kleineren Störungen oft sehr wirksam sind, greifen ebenfalls etwas zu kurz, denn hier wird in der Regel am Ende der Wirkungskette – z.B. im verschobenen Wirbel – angegriffen, anstatt dauerhaft den Grund für die Verschiebung der Wirbelkörper zueinander durch entsprechende zugentlastende Muskeltherapie zu beseitigen. Weiterhin ist leider bekannt, dass die Chiropraktik insbesondere bei alten Menschen nicht ganz ungefährlich ist.
Dagegen ist eine Muskeltherapie nach dem Konzept der Biokinematik sanfter und kann dementsprechend bis ins hohe Alter risikolos durchgeführt werden. Diese Methode ermöglicht eine tatsächliche Verlängerung der Muskeln durch Umbauprozesse und die Auflösung ihrer Fehlfunktionen innerhalb kurzer Zeit. Im wesentlichen ist es eine Art weiterentwickelte, modifizierte Physiotherapie – fast könnte man sagen 180 Grad entgegengesetzt – angewandt.
Bei der Dorn-Therapie, die ich selbst erlernt habe, neige ich zu der Auffassung, dass es vor allem die Bewegung des Patienten ist, die über eine muskuläre Zugentlastung die Strukturen deblockiert – weit weniger die Handgriffe des Therapeuten (Wirbelrichten).
Stretching / Dehnen
Auf der Webseite www.nostretch.de wird ausführlich beschrieben, warum Stretching als therapeutische Maßnahme nicht ursachengerecht funktioniert und lediglich auf das Bindegewebe, aber nicht auf den Muskel wirkt. Deshalb führt ein Dehnen auch nicht zu einem Längenwachstum des Muskels, sondern allenfalls zu einem Status-Quo.
Zukunft der Physiotherapie
Es wäre wirklich wünschenswert, die Physiotherapie in Zukunft im Vergleich zu teurer Diagnostik und sogenannter High-Tech-medizin aufzuwerten. Sowohl von den Therapieverfahren als auch von den Erstattungen der Krankenkassen her gesehen.
Viele der chronischen Schmerzprobleme lassen sich in den Griff bekommen, wenn das neue Wissen über muskuläre Zusammenhänge integriert wird und die Therapeuten auch ausreichend Zeit haben, die mit Patienten umzusetzen. Der menschliche Körper verfügt über unglaubliche Selbstheilungsmechanismen, wenn er zielgerichtet unterstützt und angeleitet wird. Kein technisches Labor und keine Operation übertrifft die Perfektion dieser natürlichen Regenerationskräfte. Das gilt insbesondere auch für den Bereich Arthrose (Knorpelschwund).
Dies zu erreichen, erfordert jedoch einiges an Umstruktierung und Umdenken in der Schmerztherapie. So können heutzutage beispielsweise Therapiezeiten von einer Stunde pro Sitzung, die manchmal notwendig und zielführend sind, faktisch nicht abgerechnet werden.
Die Physiotherapie hat schon heute einen großen therapeutischen Nutzwert, der aber bei wirklich chronischen Beschwerden noch erheblich gesteigert werden könnte. Denn heute gibt es noch viel zu viele “Therapieversager”, die unter ihren chronischen Schmerzen wirklich leiden. Das sollte nicht sein.
Deshalb biete ich spezielle Seminare für Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten an – zum Erlernen der Biokinematik-Techniken und damit zukünftig mehr Patienten von den Erfahrungen mit dem Konzept der Biokinematik profitieren können. Bei Interesse senden Sie bitte eine e-mail oder melden sich telefonisch.
Insbesondere bei Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule wird im Rahmen einer konservativen, orthopädischen Therapie häufig eine Kräftigung der Muskulatur mittels MKT empfohlen. In speziellen Studios wird dies als „Medizinische Kräftigungstherapie“ angeboten und im Regelfall von Krankenkassen erstattet/bezuschusst.
Folgt man den Thesen des Behandlungskonzeptes der Biokinematik ist jedoch nicht mangelnde Kraft ursächlich für das Entstehen von Schmerzen.
Ein erster “Beweis” für diese Logik ist folgendene Tatsache: Betrachtet man kleine Kinder/Jugendliche, haben diese in der Regel keine chronifizierten Gelenk- oder Muskelschmerzen. Sie sind beweglich und unterliegen noch nicht in großem Maße den muskulären Verkürzungen einseitiger Tätigkeiten oder Sportarten.
Chronische Schmerzen entstehen meist erst nach vielen Jahren einseitiger Tätigkeiten, wie z.B. dem Büroschreibtischalltag. Selbstverständlich abgesehen von Unfallerreignissen mit nachfolgenden Schmerzproblemen.
Rückenkräftigung wirklich erforderlich?
In den Rückenschulen und Fitnessstudios soll häufig die Rückenmuskulatur (neben der Bauchmuskulatur) gekräftigt werden. Diese ist jedoch bei hauptsächlich sitzender Tätigkeit relativ stark und entsprechend weitumfassend beweglich, da sie den Oberkörper/ Kopf permanent in einer Vorneige Position halten muss.
Der Rücken ist somit in der Praxis oft der besttrainierte Teil des Menschen und selten wirklich gestört.
Bauchmuskeltraining
Meist wird auch Bauchmuskulatur intensiv trainiert. Oftmals in einer Position (sit ups), die dem Sitzen am Schreibtisch stark ähnelt und damit die Einseitigkeiten noch stärker “zementiert”. Die durch den Berufsalltag häufig ohnehin verkürzte Bauchmuskulatur – im Sitzen bei nur zu ca. 1/3 ihrer Maximallänge ausgezogen – wird durch das Krafttraining weiter fehltrainiert und im Prinzip niemals auf der gesamten Muskellänge isometrisch/endgradig belastet.
Sollte der Betroffene nun noch zusätzlich nachts mit angezogenen Beinen schlafen, hat er seinen Körper „erfolgreich“ auf permanentes Sitzen konditioniert. Als Folge sind Probleme beim Aufrichten des Körpers sind dann nicht weiter verwunderlich (Hexenschuss / Ischialgie u.a.).
Gerätetraining im Allgemeinen
Das Training an den derzeitigen Geräten ist nicht körpergerecht.
Spätestens seit Leonardo da Vinci und seinem Schema della Proportioni Bild ist bekannt, dass der Körper weder kreisförmige noch lineare Bewegungen durchführen kann. Es sind immer leicht geschwungene Bewegungen, die sich aus dem Zusammenspiel und dem geometrischen Verlauf der einzelnen Muskelfasern ergeben.
Im Krafttraining an Maschinen wird der Körper in Bewegungsbahnen gezwungen, die unnatürlich und einseitig sind. Der so umtrainierte Körper bietet einen idealen Nährboden für Schmerzursachen aller Art, die dann durch ein Ereignis wie beispielsweise einen Unfall oder eine Überdehnung ausgelöst werden und anschließend therapeutisch nicht mehr als primär muskulär verursacht identifiziert werden.
Im Nackenbereich gilt dies analog: Das Training an Geräten führt in der Regel zur weiteren Verkürzung und Verhärtung der Muskeln. Die Beobachtung von “Extrem-Bodybuildern” zeigt die hierdurch verursachten Bewegungseinschränkungen im Alltag recht deutlich.
Das unangenehme Überspringen von Sehnen (z.B. am Ellenbogen) tritt beim Gerätetraining häufig auf und wird fälschlicherweise als normal betrachtet.
Dennoch ist dieser Therapieansatz oft wirksam, obwohl die Probleme meist nur weiter hinausgeschoben werden. Grund hierfür ist die generelle Durchführung von Bewegung, die entsprechende Regulationsprozesse im Körper im Sinne einer Selbstheilung bewirken. Hinzu kommt das „Zutrainieren“ der Muskeln, wodurch die Gesamtbeweglichkeit abnimmt und der Organismus mehr und mehr auf wenige, unsanftere Bewegungsmuster reduziert wird.
Da jedoch eine bestimmte Bewegung den Schmerz auslöst, kann auch eine „gestählte“ Minderbeweglichkeit zur Schmerzfreiheit führen.
Um dauerhaft schmerzfrei zu bleiben, sollte stattdessen eine in Ruhe weiche und möglichst auf der Gesamtlänge trainierte Muskulatur das Ziel sein, wie sie bei Kindern meist noch anzutreffen ist. Verletzungen wie Knochenbrüche, Zerrungen, Verstauchungen etc. sind damit auch deutlich seltener, da eine längere Wegstrecke zur Verfügung steht, um eine äußere Krafteinwirkung abzufangen.
Wesentlich besser ist ein Fitnesstraining innerhalb der natürlichen Bewegungsbahnen, wie insbesondere das Gehen und Rennen sie bietet. Ein nahezu perfekter Ausgleich für den Büromenschen, idealerweise noch kombiniert mit den Übungen des Biokinematik-Konzeptes.
Medikamentenkonsum
In meinem Buch “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele” habe ich bereits einige kritische Anmerkungen zur dauerhaften Einnahme von Arzneimitteln bei zahlreichen chronischen Erkrankungen gemacht.
Aus meiner Sicht ist eine derartige Lösung gesundheitlicher Probleme allenfalls berechtigt, solange keine Alternativen zu ihr bestehen.
Die Alternativen zur Behandlung vieler chronischer Störungen sind oftmals gegeben und einige davon finden sich in o.g. Buch. Dass es funktioniert und auf diese Weise viele Medikamente nicht mehr dauerhaft eingenommen werden müssen, beweisen die Erfahrungen aus meiner Praxis nicht selten eindrucksvoll. Dennoch bleiben in Einzelfällen, Akutfällen und bei bestimmten Erkrankungen Medikamente das Mittel der Wahl. Sie sollten aber mit Mass und Ziel eingesetzt werden.
Leider geht es den marktorientierten Pharmaunternehmen oftmals weniger um den Patienten, als vielmehr um Umsätze und daher appeliere ich an jeden einzelnen Betroffenen, ggfs. zusammen mit einem Arzt des Vertrauens, sich mit dieser Thematik vielleicht einmal kurz auseinander zu setzen und Arzneimitteleinnahmen kritisch auf wirkliche Notwendigkeit zu überprüfen. Insbesondere ältere Menschen nehmen oftmals so viele Mittel gleichzeitig, dass kein Mediziner die Wechselwirkungen noch abschätzen kann. (Dies soll aber keineswegs heissen, dass Medikamente ohne ärztliche Abklärung einfach abgesetzt werden sollten.)
Zitieren möchte ich einen Artikel aus der Zeitschrift “Technology Review” vom 4.2.2011 (http://www.heise.de/tr/artikel/Falsches-Spiel-1181997.html?view=print)
“Es geht um Lug und Trug und um wissenschaftliche Wahrheiten, die vielleicht gar keine sind, weil ihre Objektivität nur vorgetäuscht wird. Neu ist daran nicht, dass die Ergebnisse von medizinischen Studien manipuliert werden können und werden, indem Forscher schlechte Studienergebnisse besser aussehen lassen. Neu ist das Ausmaß, in dem das offenbar geschieht.
Die evidenzbasierte Medizin war vor 20 Jahren angetreten, in der Flut von medizinischen Veröffentlichungen die Spreu vom Weizen zu trennen. Gordon Guyatt, Epidemiologe an der kanadischen McMasters University, richtete einen Kurs für junge Ärzte ein, damit sie lernten, wissenschaftliche Studien einzuschätzen. Er wollte zudem dem Problem abhelfen, dass auch bereits praktizierende Mediziner völlig abgekoppelt von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen agierten.
Doch inzwischen verzweifeln EBM-Spezialisten, denn eine saubere Bewertung der Wirksamkeit ist aufgrund der Datenlage oft gar nicht möglich. Die erste umfassende Übersicht mit Fallbeispielen für die verbreitete Praxis, unangenehme Studiendaten selektiv zu verschweigen, haben die Arzneimittelprüfer des Kölner Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Oktober 2010 veröffentlicht.
Betroffen ist nahezu jedes Fachgebiet: Die Experten listen 50 Behandlungen von 40 verschiedenen Krankheiten auf, unter anderem Medikamente gegen Depressionen, Psychosen, Schmerzen, Alzheimer, Migräne, Herzrhythmusstörungen, Inkontinenz, Diabetes, Arthritis, HIV und Krebs. “Vergleicht man die unpublizierten mit den publizierten Daten, so zeigen sich große Ergebnisunterschiede. Die publizierten Studien neigen dazu, die Wirksamkeit zu über- und die Nebenwirkungen zu unterschätzen”, resümieren die Prüfer. Rechnet man dazu noch die Ergebnisse von Stichproben hoch, dann müsse man annehmen, dass 50 bis 90 Prozent der heute als erprobt geltenden ärztlichen Interventionen mit großen Fragezeichen hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungen versehen werden müssen.”
Empfehlen möchte ich an dieser Stelle insbesondere den Film “Krankheit nach Maß” , der im Archiv von Arte gefunden werden kann:
http://videos.arte.tv/de/videos/krankheiten_nach_mass-4241432.html
Die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Gesundheit liegt primär bei Einzelnen. Unser Körper ist ein Wunderwerk mit 70 Billionen Zellen, die laufend durch die Selbstheilungskräfte kontrolliert und erneuert werden.
Wie diese Kräfte wirken und wie sie gestärkt werden können, habe ich ansatzweise in meinem Buch erwähnt und demonstriere dies praktisch auch immer wieder bei meinen Seminaren. Dieses Wissen kann aus meiner Sicht vielen Menschen helfen – neben anderen zielführenden Wegen – dauerhaft kräftiger, fröhlicher und gesünder zu bleiben. Es ist eine Illusion, derartiges alleine mit Hilfe von Medikamenten dauerhaft erreichen zu können.
Im Bereich der schulmedizinischen Therapie von chronischem Schmerz werden häufig Arzneimittel eingesetzt:
Hier gibt es eine Vielzahl von Medikamenten, die mit unterschiedlichen Wirkungsweisen im Körper die Schmerzentstehung unterdrücken(u.a. NSAR, Morphinderivate). Das Gemeinsame an dieser Therapie ist, dass sie in der Regel den Schmerz als etwas Schlechtes ansieht, den man ausschalten sollte. Sie fragt jedoch nicht und kann nicht beantworten, warum der Schmerz entstanden ist.
Somit ist diese Vorgehensweise keine ursächliche Behandlung, sondern allein symptomatisch – wie leider häufig in der Medizin.
Folgt man dagegen dem Konzept der Biokinematik, so ist der Schmerz ein sinnvolles und notwendiges Ereignis:
Wenn bei einem Auto eine Warnlampe leuchtet, so zerstört man diese im Regelfall nicht – sondern im Gegenteil nutzt man das Signal, um eine Störung zu finden und zu beheben. Bezogen auf ein (chronisches) Schmerzphänomen bedeutet diese Vorgehensweise, dass der Mensch über Schmerzbewusstsein verfügt, um sich vor einem körperlichen Schaden zu bewahren, den er sich sonst selbst zufügen könnte – oder um auf einen Schaden/Störung in Sinne einer Warnung aufmerksam zu machen. Letzteres gilt insbesondere für den Fall von äußeren Gewalteinwirkungen, wie Verletzungen.
Beispiel Rückenschmerz:
Bei der einfachsten Form von Rückenschmerzen (Hexenschuss) liegt beispielsweise das Grundproblem auf der Vorderseite des Körpers (Bauchmuskulatur). Diese ist ihrer freien Beweglichkeit so eingeschränkt, dass eine ruckartige Dehnbewegung (Aufrichten/Stehen) schlagartig den Bindegewebsapparat innerhalb dieses Muskels aktiviert. Um sich vor der Selbstverletzung/ Überbelastung zu schützen, schießt logischerweise ein Schmerz in den muskulären Gegenspieler (großer Gesäßmuskel) ein, denn genau dieser Muskel könnte den Bauchmuskel durch seine Zugkraft verletzen oder eine Überbelastung verursachen. Gemeinsam ist Hexenschuss-Patienten der nach vorne geneigte Oberkörper, eine Aufrichtungsbewegung verursacht Schmerzen.
Der Schmerz hat somit seinen Sinn in dem Schutz vor einer gegen den eigenen Körper gerichteten Kraft und ist insofern wichtig und notwendig.
Schaltet man diesen Selbstschutzmechanismus nun medikamentös aus, kommt es im günstigsten Fall durch die dann momentan schmerzfreie Durchführung der Gesamtbewegung auch dauerhaft zur Besserung / Schmerzfreiheit. Die Grundursache, die in ihrer Funktion gestörte Bauchmuskulatur, wird jedoch nicht therapiert. Meist häufen sich deshalb Hexenschüsse zunehmend. Nach gewisser Zeit kommt es zu oftmals größeren Schmerzproblemen, die dann medikamentös nicht mehr in den Griff zu bekommen sind und chronifizieren.
Auswirkungen der Medikamenteneinnahme
Eine kurzfristige Schmerzlösung durch leichte Schmerzmedikamente (z.B. Diclofenac, Ibuprofen u.a.) ist sicherlich positiv zu bewerten, sollte für den Betroffenen jedoch Anlass sein, sich um die Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit seiner Muskulatur zu kümmern. Eine dauerhafte, regelmäßige Einnahme ist nicht anzuraten, da diese Medikamente auch Nebenwirkungen haben (u.a. Magenprobleme, Leberbelastung, Nierenschäden . . .).
Starke Schmerzmittel (beispielsweise Morphinderivate), die das Körper-Bewusstsein verändern, sind nicht empfehlenswert. Sie hemmen aufgrund einer eingeschränkten Eigenwahrnehmung die körperlichen Regulations- und Selbstheilungsfähigkeiten. Deshalb ist eine Therapie nach dem Konzept der Biokinematik während der Einnahme derartiger Medikamente schwierig bis faktisch unmöglich. Sie machen zudem abhängig. Ist der Betroffene längerfristig in diesem Kreislauf gefangen, wird eine Therapie wirklich zu einer Herausforderung und setzt eine Abkehr von diesem Medikamenten voraus. Ansonsten wird der Betroffene zum Dauerpatienten.
Es wäre wirklich wünschenenswert , dass die schulmedizinische Schmerztherapie bei starken chronischen Schmerzen von der Überbetonung bewusstseinsverändernder Schmerzmittel abkehrt und die wahren Ursachen von Schmerzerkrankungen aufzudecken versucht – anstatt Rezepte als die Haupttherapie anzusehen. Ausnahmen sind hier sicher schwerste innere Erkrankungen (z.B. Krebs im Endstadium), bei denen das Leiden nicht anders gelindert werden kann.
Wirkungen von Entspannungsverfahren in der Therapie von Schmerzen
Einige Beispiele sind:
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Progressive Muskelentspannung
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Autogenes Training
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Atemtherapie
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Yoga
Diese Verfahren können sehr hilfreich sein, ein Körperbewusstsein zu entwickeln und den Muskeltonus zu senken. Manchmal helfen sie auch, die Angst vor dem Schmerz zu verlieren und so den Schmerzkreislauf zu durchbrechen. Wünschenswert wäre, wenn ein entsprechendes Training schon von Kindheit an integriert wird, um es im “Notfall” bereits perfektioniert zu haben. Menschen, die dies regelmäßig trainieren, dürften nur selten unter wirklich schweren – muskulär bedingten – Schmerzerkrankungen leiden. Eine Ausnahme mag das Yoga darstellen, wo ich immer wieder auf Patienten treffe, die sich in einer Art Übereifer überdehnt haben – was nicht das eigentliche Ziel von Yoga darstellt, das in erster Linie eine geistige Bewusstseinsarbeit ist. Besonders Männer scheinen hier gefährdet, welche Beweglichkeit manchmal mit etwas “Gewalt” erreichen wollen. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass das “richtie” Yoga einen (sinnvollen) spirtuellen Weg darstellt, bei dem die Körperübungen lediglich einen Teilbereich darstellen.
Die Wirkung von Entspannungsverfahren kann man ganz pragmatisch testen. Sie können mit vergleichweise wenig Aufwand erlernt werden und wenn sich hierdurch der körperliche Schmerzzustand bessert, ist das ganz sicher positiv zu werten.
Falls aber die Probleme weiterhin bestehen, kann eine solche Therapie nur ein Anfang sein und muss ergänzt werden:
Denn die Praxis zeigt, dass gerade Schmerzpatienten es häufig nicht schaffen, sich aktiv zu entspannen. In diesen Fällen werden die o.g. Verfahren nicht vollkommen zielführend sein können.
Hier ist das Konzept der Biokinematik in der Regel sehr hilfreich, indem zuerst der Schmerz durch eine manuelle Druckpunkttherapie gelindert wird und anschließend der Körper bewusst in Richtung Beweglichkeit umtrainiert wird. Zudem müssen die Hintergründe des Schmerzes aufgedeckt werden, wozu auch Unfallschocks und emotionale Blockaden in die Anamnese einbezogen werden müssen. Jeder Schmerzpatient ist einzigartig und muss dementsprechend auch höchst individuell therapiert werden.
Wichtig zum Verständnis der einzelnen Therapieformen ist auch, dass Beweglichkeit prinzipiell durch ein längenbezogenes Muskeltraining erreicht wird. Weil Muskelmoleküle zum Wachstum angeregt werden müssen, ist hierzu eine muskuläre Aktivität erforderlich. Den o.g. Verfahren fehlt diese Art des Trainings weitgehend und nur wenige Menschen haben ein so gutes Körperbewusstsein entwickelt, dass sie alleine mit ihren Gedanken die Muskulatur zum Umbau anregen können. Jemand, der hierzu in der Lage ist, wird kaum unter der Art von chronischen Schmerzen leiden, denen dieses Webseite gewidmet ist.
Viele andere Methoden arbeiten mit Kälte, Wärme, Magnetfeldern, Energiearbeit, Akupunktur sowie Psychotherapie.
Der vereinfachende Lösungsansatz, warum dies alles helfen kann, ist meist im Einfluss auf den Muskeltonus und/oder der Auslösung geeigneter Regulationsmechanismen des eigenen Körpers (Balancierung) zu suchen.
An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass viele muskuläre Blockaden, die wirklich therapieresistent sind, auf emotionale Blocken oder Unfalltraumen hinweisen. Diese Webseite beschäftigt sich mit diesen wichtigen Themen aus Übersichtlichkeitsgründen nicht, da sie sich auf die rein körperliche Ebene (direkte Therapie der Muskulatur) beschränkt. Selbstverständlich werden in der Praxis für ganzheitliche Heilkunde die hier angesprochenen, anderen Ursachen gesucht und vorab therapiert. In dem Buch “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele” finden sich hierzu zahlreiche Behandlungsfälle aus der Praxis.
Mögliche Wirkung von Alternativmethoden auf den Muskeltonus
Die Anspannung des Körpers und dessen Muskeltonus, der einen direkten Einfluss auf das Schmerzgeschehen hat, werden durch vielerlei Faktoren bestimmt. Dies können psychische Eindrücke sein wie Stimmungslage, Angespanntheit, aber auch äußere Einflüsse wie z.B. Kälte, Wärme oder Monatsbeschwerden bei Frauen. Gelingt es nun durch geeignete Maßnahmen den Muskeltonus zu senken und dadurch eine Entspannung der Muskulatur zu erreichen, hat man einen direkten Einfluss auf das durch die Muskulatur hervorgerufene Schmerzphänomen. Der Einfluss reicht hier von Schmerzreduktion bis hin zu dauerhafter Schmerzfreiheit. In vielen Fällen leider meist wiederum nur symptomatisch, bis durch ein neuerliches Ereignis das bekannte Schmerzproblem wieder auftritt. Im Idealfall wird jedoch im Körper eine Autoregulation im Sinne einer Selbstheilung eingeleitet, bei der auch die tatsächliche Schmerzursache (geometrische Fehltrainierung der Muskelspieler und Gegenspieler) verschwindet.
Jeder Betroffene muss selbst feststellen, ob die bei ihm angewendete Therapie dauerhaft hilfreich ist. Sollte sich zeigen, dass nur eine Linderung und keine Heilung erreicht wird, muss nach einem anderen, erfolgreicheren Weg gesucht werden. Hierzu ist eine Offenheit auch gegenüber neueren, ganzheitlicheren Behandlungsansätzen notwendig, die häufig von den etablierten Ärzten und Therapeuten noch nicht unterstützt werden.
Oder wie Jean Paul Pianta es ausgedrückt hat:
“Denn…………………..Schmerzen sind vielleicht gar keine Feinde, die es um jeden Preis zu besiegen gilt. Sie sind vielmehr das Mittel, dass der menschliche Körper besitzt, um uns eine Botschaft zu übermitteln in der es um Gesundheit und Leben gehen könnte….”
In der Praxis ist die Beantwortung der Sinnhaftigkeit des individuellen Schmerzes oft der Schlüssel zum Therapieerfolg.
Eine ganzheitliche Therapie von chronischem Schmerz ist überaus wichtig
Das muskuläre Therapiekonzept der Biokinematik ist sehr sinnvoll – findet aber auch natürliche Grenzen:
Diese beginnen bereits mit der mentalen Einstellung. Die Willkürmuskulatur eines Menschen wird nur das durchführen und sich entsprechend umbauen, was der Betroffene wirklich erreichen will. Darüber hinaus ist auch die mentale Konfrontation mit dem Schmerz eine Notwendigkeit, diesen auf der körperlichen und geistigen Ebene wieder aufzulösen. Deshalb ist auch eine vorab rein gedanklich ausgeübte Bewegungsdurchführung oft hilfreich.
Grundsätzlich muss auch – wie bei jeder Krankheit – eine innere Bereitschaft zur Gesundung bestehen.
Sollte ein Ereigniss/Unfall bei dem Schmerzgeschehen eine Rolle gespielt haben, kommt es bei der Durchführung der Muskelübungen manchmal zu einem “Wiedererleben” der Situation. Dies deutet auf einen mentalen Verarbeitungsprozess hin, der in manchen Fällen zusätzlich auf der Ebene des Unterbewußtseins therapeutisch aufgearbeitet werden muss. Dies mündet in der Praxis für ganzheitliche Heilkunde in andere Therapieformen, die mehr die Auflösung von Schock, Unfalltraumatisierungen und emotionale Blockaden zum Ziel haben.
Eine derartige Vorgehensweise, kombiniert mit dem muskulären Behandlungskonzept der Biokinematik hat schon in vielen Fällen zur Ausheilung von langjährigen Beschwerden geführt. Weitere Informationen hierzu finden sich am Besten in dem Buch “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele”.
Letzten Endes mündet das eine in das andere:
Eigenverantwortlich das gestörte Gleichgewicht von Körper und Geist wieder herzustellen, indem die wirkliche Ursache gefunden und therapiert wird. Körperlich wird der Erfolg über die Entspannung der Muskulatur (Tonussenkung) und die damit verbundene Schmerzfreiheit spürbar. Daneben ist ein Lebensgefühl von Agilität, Wohlbefinden und Fröhlichsein häufig.
Natürlich gibt es auch die Fälle, wo durch den Schmerz ein subjektiver Krankheitsgewinn erreicht wird. Vielleicht lockt eine Chance auf Frühverrentung oder der Schmerz ist zu einem Mittel geworden, um Aufmerksamkeit von Anderen zu bekommen. Findet der Therapeut hier das tatsächliche Bedürfnis des Patienten und kann die entsprechende Angst oder Blockade auflösen, wird der Schmerz verschwinden, da er nicht primär eine körperliche Ursache hat. Diese Fälle sind ab und zu in meiner Praxis und ein schönes Beispiel für eine wirklich ganzheitliche Betrachtung von Schmerzen oder sonstigen Beschwerden.
Die Schulmedizin beginnt ebenfalls langsam bei chronischen Schmerzen multimodal zu arbeiten, findet aber derzeit faktisch Begrenzungen, wenn es in Richung emotionale Blockaden, spirituelle Problemfelder und Energiemedizin geht. Oft werden diese Bereiche vorschnell als “unwissenschaftlich” abgetan und man verzichtet auf diese Weise leider auf Therapieoptionen, die sich in der Praxis bereits gut bewährt haben – auch wenn sie nicht mit standardisierten Patientenstudien (möglichst noch Doppel-Blind) unterlegt sind. Gute Therapeuten müssen sich nicht notwendigerweise wissenschaftlich beweisen, sie beweisen sich bei ihren Patienten tagtäglich.
Emotionale Ursachen körperlicher Probleme / Erweiterung der Biokinematik um psychosomatische Ursachen und Unfallschocks
Zu mir in die Praxis kommen häufig Menschen mit Schmerzen, die schulmedizinisch unerklärbar erscheinen. Meist ist ein Unfall vorausgegangen, aber aus schulmedizinscher Sicht ist alles perfekt verheilt. Meist ist auch radiologisch kein “Schaden“ mehr sichtbar, während kleinere Veränderungen an Knochen oder Bandstrukturen oft kaum als Erklärung für die bestehenden Symptome herhalten können.
Warum also bleiben Krankheitssymptome wie Schmerzen dennoch bestehen?
Der Grund ist oftmals in der (sinnvollen) Reaktion unseres Unterbewusstseins zu suchen.
Nehmen wir einen Auto-Unfall (Auffahrunfall) als Beispiel:
Durch den Aufprall wird der Körper blitzschnell nach vorne geschleudert. Ein Teil der kinetischen Energie wird hierbei im Sicherheitsgurt gespeichert, wodurch die betroffene Person kurze Zeit später wieder nach hinten geschleudert wird. Aufgrund der schrägen Zugrichtung des Gurtes wird der Körper hierbei in eine Art Schleuderbewegung versetzt. Bezogen auf die Halswirbelsäule bedeutet dies, dass sich die Muskeln im Schulter-/Hals-/Nackenbereich blitzschnell verhärten müssen, um eine Verletzung der Halswirbelsäule zu verhindern. Der gesamte Hals wird automatisiert voll angespannt, um die Bewegung abzufangen.
Dieser gesamte Vorgang wird von unserem „Autopiloten“, dem Unterbewusstsein, gesteuert. Gleichzeitig erleidet der Betroffene oft einen emotionalen Schock, dessen wesentlichstes Element Angst ist. Da das Unterbewusstsein die Aufgabe hat, den Körper vor Verletzungen zu bewahren, wird es diese traumatische Erfahrung als Konditionierung abspeichern. Solange der Schock noch präsent ist, was durchaus in Abhängigkeit von der Situation Monate und Jahre sein kann, wird es die Halsmuskulatur nicht mehr vollständig locker lassen. Es ist das vermeintliche Schutzbedürfnis des Körpers, das diese Reaktion aufrechterhält. Massagen und Physiotherapie lindern die Beschwerden oft, aber die vollkommene Lockerheit wird meist nicht erreicht. Nachfolgend können über Jahre hinweg Störungen im Bereich der Bandscheiben oder regelmäßige Kopfschmerzen auftreten.
Wissenschaftlich kann das Thema auch über die sogenannte Schockphysik erklärt werden Sie beschäftigt sich vor allem mit Materialkunde, wenn durch Einwirkung / Stress sich die Molekularstruktur verändert. Wie beispielswiese beim Schmieden, bei dem Metall immer wieder erhitzt, beschlagen und abgekühlt wird. Im menschlichen Körper sind plötzlich Unfallbewegungen auch mit ähnlicher Reizwirkung verbunden und können die Gewebsstrukturen zumindest kurzfristig schädigen oder verändern. Das erklärt dann ggfs. eine im Körper vorhandene Störung, die mit diagnostischer Bildgebung nicht gefunden werden kann. Sie ist aber meist tastbar für erfahrene Körper-Therapeuten
Derartige Probleme können oftmals in nur einer Behandlungssitzung in Ordnung gebracht werden, wenn der damalige Unfallschock (und weniger der Körper) zum Ziel der Therapie wird. Gelingt es auf geeignete Art und Weise den emotionalen Schock aufzulösen, wird das Unterbewusstsein keine Notwendigkeit mehr sehen, die Schutzblockade weiterhin aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig verschwinden oft psychische Auffälligkeiten, wie beispielsweise nicht mehr so gerne Auto zu fahren oder regelrechte Panikattacken beim Autofahren zu bekommen.
Das Unterbewusstsein kann machtvoll in unser Leben eingreifen. Als Steuerungszentrale des Körpers stehen ihm hierzu alle körperlichen Symptome beliebig zur Verfügung und das sollte insbesondere bei der Therapie komplexer oder chronischer Schmerzzustände mitberücksichtigt werden.
Existiert ein Schmerzgedächtnis wirklich?
Viele Menschen mit chronischen Schmerzen haben die Vorstellung, dass sich ein Schmerzreiz regelrecht in das Gehirn „eingebrannt“ hat und deshalb chronifiziert ist. Dies gilt in besonderem Maße, falls von medizinischer Seite kein ausreichender Grund für den Schmerz gefunden werden kann. Bei diesen Menschen wird dann oft davon ausgegangen, dass dem Schmerz nur noch durch extrem starke Schmerzmittel (z.B. Opioide) beizukommen ist, weil eine Art von Schmerzgedächtnis entstanden ist. Zudem argumentieren Medizinwissenschaftler, dass Schmerzen schon sehr frühzeitig mit Medikamenten unterbunden werden sollten, damit ein solches Schmerzgedächtnis erst überhaupt nicht entsteht. Weiter noch gehen medizinische Interventionen, welche die Nerven betäuben oder durchtrennen – derartiges schädigt den Körper tatsächlich.
Doch nun zu der eigentlichen Frage: Gibt es ein Schmerzgedächtnis überhaupt und falls ja, welche Aufgaben hat es?
Die Antwort findet sich in Überlegungen zur Logik des Schmerzes. Über Jahrtausende hinweg hat sich der Mensch den biologischen Rahmenbedingungen perfekt angepasst. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, Schmerzen wahrzunehmen. Es muss also biologisch sinnvoll sein, Schmerzen wahrzunehmen.
Wenn dieser Schmerz (ein Bewusstseinsprozess) nun medikamentös ausgeschaltet wird, dann ist das vergleichbar mit der Ölkontroll-Leuchte im Auto, deren Aufleuchten mit der Zerstörung der Birne quittiert wird. So wie beim Auto, ist beim Menschen das Problem hierdurch nicht behoben. Gegen eine kurzzeitige Gabe von Schmerzmitteln, z.B. bei Unfällen oder einer starken Zerrung ist nichts einzuwenden. Doch die dauerhafte Gabe von Schmerzmitteln schränkt den Körper in seiner Wahrnehmungsfähigkeit ein und beseitigt das Problem nicht; dies gilt insbesondere für die stärkeren Schmerzmittel (Opiate), die das Bewusstsein vom Körper entkoppeln und so Selbstheilungsmechanismen empfindlich stören können.
Wenn ein Mensch unter (unspezifischen) chronischen Schmerzen leidet , dann möchte der Körper ihm durch den Schmerz etwas signalisieren. Es ist eine Art Botschaft, die vom Patienten und den Therapeuten leider häufig missverstanden wird. An dieser Stelle unterscheide ich drei verschiedene Botschaften:
Die einfachste Form einer Körperbotschaft ist das aufmerksam machen auf eine akute Verletzung, z.B. nach einem Beinbruch oder einem Wespenstich. Diese Schmerzen verschwinden im Regelfall innerhalb kurzer Zeit und chronifizieren selten.
Komplexer wird es bereits bei Schmerzen, mit denen der Körper eine Art Warnung über körperliche Funktionszustände aussprechen will. Oft wird es sich hier um muskuläre Anspannungszustände und Funktionsdefizite handeln, die vom Körperbewusstsein wahrgenommen und über den Schmerz artikuliert werden. Abhilfe schafft hier ein Körpertraining, um die Muskeln wieder in ihren natürlichen Funktionszustand zu versetzen. Zudem kann der Anspannungszustand der Muskulatur oftmals durch Druckpunkte (Trigger) beeinflusst werden. Hier erlebe ich in der Praxis häufig, dass auch monatelange Beschwerden innerhalb von Minuten verschwinden können, obwohl der Patient schon von einem „Schmerzgedächtnis“ ausging. Oftmals ist eine solche Erfahrung „fast zu gut, um wahr zu sein“. Derartige muskuläre Probleme werden leider oft nicht richtig diagnostiziert, da sie auch mit bildgebenden Verfahren nicht wirklich gut sichtbar zu machen sind. Diese Patienten werden deshalb manchmal von Ärzten zu Unrecht in die psychische „Ecke“ gedrängt, obwohl sie lediglich ein rein muskuläres Funktionsdefizit haben, dass körperlich behebbar ist.
Die dritte Art von Botschaft, die der Körper über den Schmerzreiz sendet, ist dagegen wirklich rein emotionaler Natur. Mit derartigen Beschwerden habe ich in der Praxis häufig zu tun. Diese erfordern aber ein gänzlich anderes therapeutisches Vorgehen als beispielsweise die Muskulatur zu beüben:
Das Gehirn speichert alle Erlebnisse eines Menschen minutiös ab und verknüpft diese mit den emotionalen Erlebnissen der Vergangenheit. Im Prinzip kann man sich das wie eine riesengroße Excel Tabelle vorstellen, in der Lebensvorgänge mit ihren Folgen und dem jeweiligen Gefühl abgespeichert werden. Das Unterbewusstsein, dass die Aufgabe hat uns zu beschützen, vergleicht permanent diese Datenbasis der Vergangenheit mit den aktuellen Ereignissen. Droht nun – aus Sicht des Unterbewusstseins – eine akute Gefahr, wird es eine Botschaft aussenden. Meist sind es körperliche Eingriffe, darunter häufig auch Schmerzreize. Es ist eine Warnung, die hier unbewusst ausgesendet wird und solange diese Botschaft nicht „verstanden“ wird, wird der Schmerz aufrechterhalten und verstärkt sich evtl. sogar immer weiter.
Hier liegen für mich die Gründe für ein „Schmerzgedächtnis“ und ich erlebe in der Praxis häufig, dass Schmerzen sogar bereits innerhalb einer Behandlung verschwinden können, wenn die Botschaft erkannt und verstanden wird. Oftmals werden es Ereignisse aus der Vergangenheit sein, welche mit Angst, Schock, Schuld, Scham und/oder Wut zu tun haben. Ein wenig komplex wird es allerdings dadurch, dass der Betroffene sich in der Regel nicht bewusst an eine Situation der Vergangenheit erinnern kann, denn aufgrund des Traumas will er sich nicht erinnern – das Unterbewusstsein will ihn dagegen gleichzeitig warnen. Ein Konflikt, der aufgelöst werden muss. Oft bin ich dann in der Lage, die wirkliche Ursache soweit an die Oberfläche zu bringen, dass es wie in einer Art Videofilm gesehen werden kann. Löst man dieses „Trauma“ dann auf geeignete Art und Weise auf, wirkt die Situation im HEUTE nicht mehr bedrohlich – der chronifizierte Schmerz (=Warnung) macht keinen Sinn mehr und verschwindet augenblicklich.
Derartige Erlebnisse in Behandlungssitzungen hatte ich häufig und deshalb kann ich heute an die wissenschaftliche Theorie eines „eingebrannten Schmerzes“ nicht mehr glauben. Ich werde in Zukunft immer wieder einmal Fälle aus Praxis im Newsletter schildern, die chronische Schmerzen begründeten, aber emotionale Ursachen hatten.
Mir ist bewusst, dass es sich um ein komplexes Thema handelt, dass in der Kürze eines Newsletters nur schwer durchdringbar ist. Dennoch hoffe ich, dass es Anregungen für Ihren Geist sind, warum es Schmerzen gibt und für was sie gut sind. Für mich steht jedenfalls fest: Sie sind nicht unsere Feinde, so unangenehm wie sie sein mögen. Und sie können so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind, wenn die wahre Ursache erkannt und behoben worden ist.
In meinen Seminaren zum Thema „Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele“ erkläre ich diese Zusammenhänge ausführlich und demonstriere auch die Art und Weise, wie emotionale Blockaden oder Konflikte aufgelöst werden können. Hierbei spielt „Die Kraft der Nächstenliebe“ eine große Rolle.
Bildgebende Verfahren versuchen mit verschiedenen technischen Mitteln den menschlichen Körper möglichst realitätsgenau abzubilden. Während diese Art der Diagnostik bei vielen Erkrankungen sinnvoll für die Therapie sind und insbesondere bei Unfällen oder Krebs von großer Wichtigkeit sind, versagen bildgebende Verfahren bei chronischen, endogen (im Körper selbst) entstandenen Schmerzen fast vollständig.
Gründe:
1) Eine Ursache liegt in der Funktionsweise des Kernspin (MRT) oder der Computer-Tomographie. Nur ein Teil der Bildinformation stammt tatsächlich aus dem menschlichen Körper, der andere Teil wird durch Computer zu einem 2-D oder 3-D Bild ergänzt. Durch die permanente Bewegung (u.a. Atmung) während der Aufnahme liegen aufeinanderfolgende Bilder ebenfalls häufig nicht 100 % in einer Schnittebene, wodurch sich ein falsches Bild und falsche Diagnosen ergeben können. Man spricht hier auf von sogenannten Artefakten. Gerade bei akuten Schmerpatienten ist die Wirbelsäule oft in sich verkrümmt (u.a. Beckenschiefstand) und so ergeben sich schwierig zu interpretierende Schnittbilder der Radiologie.
2) Eine Darstellung des muskulären Zusammenspiels und damit verbundener Störungen sind nicht möglich. Der Anspannungszustand und die Funktion der Muskeln (sowie der Faszien und Bindegewebe) sind einer schnellen Dynamik der Bewegung unterworfen, die mittels einzelner Bilder nicht beurteilbar ist. Acuh der Anspannungszustand ist radiologishc kaum beurteilbar. Deshalb sind diese Verfahren für eine Diagnose und einen Therapieansatz häufig nicht zielführend. Daher ist das Untersuchen und Bewegen lassen des Patienten bei muskulären Störungen die wichtigste Diagnostik.
3) Zu häufig werden sichtbare Veränderungen des Muskel-Skelett-Apparates überbewertet. Diese sind oftmals Ausdruck eines körperlichen, autoregulativen Anpassungsprozesses – beispielsweise durch übermäßig einseitige, sportliche Belastungen. Sie stellen im Regelfall nicht die Ursache chronischer Schmerzen dar. Zudem sind Körper hochgradig unterschiedlich in den Details. Für uns sind es daher oft normale Normvarianten der Natur.
Beispiel Rückenschmerz (LWS):
Im Falle von Rückenschmerzen ist die regelmässig diagnostizierte Steilstellung der Wirbelsäule regelmäßig die Auswirkung muskulärer Zugkräfte, die mit bildgebenden Verfahren leider nicht ausreichend sichtbar gemacht werden können. Um die muskuläre Ursache wirklich zu diagnostizieren ist stattdessen ein tastendes (palpatorisches) Gespür des Therapeuten sinnvoller. Regelmäßig werden die Strukturen der Muskeln Psoas, Iliacus, Rectus Abdominis, Quadrizeps Femoris hier tastbar verhärtet und blockiert sein. Die Beckenbeweglichkeit ist dann erheblich eingeschränkt. Die Folge sind Rückenschmerzen und Blockierungen des Ilio-Sakral-Gelenkes (ISG). Die Bandscheibe leidet unter dieser dauerhaften Verklemmung der Wirbelsäule und verlagert ihre Position im ungünstigen Fall in Richtung Bandscheibenvorfall.
Ein Umdenken in diesem Bereich könnte das Gesundheitssystem entlasten. Denn bildgebende Diagnostik ist kostspielig und bei chronischen Schmerzen für eine ursachenorientierte Behandlung (zumindest) nicht zum wiederholten Male erforderlich. Eine einmalige Durchführung zu Beginn chronischer Schmerzen ist vielleicht sinnvoll, um schwerwiegende Erkrankungen (z.B. Tumore) diagnostisch auszuschließen.
Doch der regelmäßige Einsatz ist im Regelfall eine Fehlentwicklung und eine Falschinterpretation der wirklichen Ursachen. Dieser Zusammenhang erklärt auch, warum Betroffene häufig von verschiedenen Therapeuten die unterschiedlichsten Bild-Interpretationen erläutert bekommen. Im besonderen gilt dies für angebliche Nervenwurzelreizungen, Facetten-Gelenks-Athrose und Nerveneinklemmungen. Letztere wurden vor einigen Jahren immer wieder als Ursache genannt – mittlerweile ist wissenschaftlich bewiesen, dass Nerven sich ohne äußere Gewalteinwirklung nicht einklemmen können.
Nerven liegen sehr geschützt innerhalb des Körpers und sind von der Natur so optimiert worden, dass eine “Einklemmung” mit körpereigenen Mitteln ohne äußere Einwirkung (z.B. Unfall oder Druckschädigung durch äußere Einwirkung) nicht möglich ist.
Muskuläre Funktionsstörungen des Beckens und der unteren Wirbelsäule
Beispiel unspezifischer Rückenschmerz = “Hexenschuss”
Während die orthopädische Lehrmeinung bei chronischen Schmerzen im Bereich der unteren Wirbelsäule häufig von dem Problem einer zu geringen Muskelkraft (Bauch/Rücken) ausgeht, basiert das Therapiekonzept der Biokinematik im Gegensatz hierzu auf der Wiederherstellung der natürlichen Beweglichkeit. Diese geht im Laufe der Zeit meist verloren. Im Allgemeinen gilt, dass je älter ein Mensch ist, umso unbeweglicher ist er geworden. Betrachtet man dagegen Kinder, dann sind sie in der Regel sehr beweglich – und leiden praktisch nie an chronischen Schmerzen im Bereich des Rückens.
Einer der Hauptgründe für Rückenschmerzen liegt in der Abnahme der Beweglichkeit nach hinten. Während die natürliche Maximal-Beweglichkeit hier bei etwa 180 Grad liegt (Kopf nach hinten unten durch die Beine, wie bei Schlangenmenschen zu sehen), weisen die meisten Erwachsenen eine Steifigkeit im Bereich von 0-30 Grad auf. 45 Grad Rückneigefähigkeit sind jedoch das absolute Minimum, das erreicht werden sollte, um ausreichend Beweglichkeit und dauerhafte Schmerzfreiheit zu haben.
Im Fall eines akuten Hexenschusses ist die Beweglichkeit nach hinten meist überhaupt nicht mehr möglich und der Betroffene läuft mit nach vorne geneigtem Oberkörper umher. Jegliche Bewegung nach hinten verschlimmert den Schmerz meist. Vorausgegangen ist hierbei oftmals eine ruckartige Aufrichtbewegung, welche zu einer Verkrampfung der Becken- und Bauchmuskulatur führte. Der Schmerz entsteht auf der Seite des muskulären Gegenspielers (Antagonisten) auf der Rückseite des Körpers, während die Ursache meist auf der Vorderseite im Bereich des Beckens und der Bauchmuskulatur zu suchen ist. Mittels einer Druckpunkttechnik lässt sich der Schmerz oftmals therapeutisch innerhalb von Minuten ohne den Einsatz von Schmerzmitteln reduzieren oder auflösen. Der Betroffene erlebt hierdurch oftmals eindrucksvoll den Zusammenhang zwischen seiner Muskulatur und dem Schmerz im Bereich des Rückens. Ausstrahlungen des Schmerzes in Richtung Gesäß oder Beine sind so ebenfalls beeinflussbar.
Hintergrund eines akuten Hexenschusses ist die Problematik, dass sich bei einer Aufrichtbewegung Muskelstrukturen blitzschnell verlängern müssen, die durch den Alltag kaum mehr für schnelle Bewegungswechsel trainiert sind. Vor allem gilt dies für die Bauchmuskulatur und den darunter liegenden Iliopsoas Muskel, der bei vornehmlich sitzender Tätigkeit über Jahre hinweg in Richtung statischer Haltemuskel der Wirbelsäule umtrainiert wurde. Seine Aufgabe wurde auf das Halten des Oberkörpers zum Schutz gegen das Umfallen im Sitzen „degradiert“. Eigentlich ist dieser Muskel – der einer der wichtigsten Verbindungen zwischen Unter- und Oberkörper darstellt – dafür ausgelegt, dass Bein zu bewegen und nicht eine permanente Dauerbelastung (= Halten der Wirbelsäule) leisten zu müssen. Er spielt eine Hauptrolle in der Muskelkette des Beines, die von der Lendenwirbelsäule bis zum Fuß reicht. Über beständiges Sitzen wird über Jahre hinweg ein an sich sehr bewegliches Muskelsystem in eine zunehmende Unbeweglichkeit gezwungen. Der Körper passt sich diesem Belastungsreiz an – er konditioniert sich sozusagen immer weiter in Richtung Sitzen. In diesem Fall benötigt es lediglich einen kleinen Auslöser, um die Muskelfunktion entgleisen zu lassen. Schmerz und Verkrampfung sind dann die Folge.
Meist werden dann Schmerzmittel eingesetzt und wenige Stunden später sieht die Welt wieder in Ordnung aus. Doch obwohl das Akutereignis aufgelöst wurde, ist die Ursache (= Minderbeweglichkeit) damit nicht beseitigt. Meist kommt es in immer kürzere Abfolge wieder zu Schmerzproblemen und am Ende sind dann häufig selbst Schmerzmittel wirkungslos. Es folgen Therapieversuche vielfältiger Art, die manchmal mit Operationen enden.
Um dies bereits im Vorfeld zu vermeiden, bietet es sich deshalb an, mittels geeigneter Übungen die Muskulatur wieder so umzutrainieren, dass Muskelfasern sich wieder verlängern und die naturgegebene Beweglichkeit wiederhergestellt wird. Im Bereich des Beckens kann so innerhalb von Wochen intensiveren Trainings meist eine deutliche Verbesserung des Funktionszustands erreicht werden. Rückenschmerzen wird so die Grundlage entzogen. Gleichzeitig werden zahlreiche Organfunktionen, die über Muskeln gesteuert werden, ebenfalls positiv beeinflusst. Dies gilt beispielsweise für Darmträgheit oder Menstruationsstörungen.
Selbstverständlich können andere Ursachen und emotionale Gründe eine Rolle spielen – doch dauerhaft einseitige Sitztätigkeiten sind eine der Hauptquellen für chronifizierte Rückenschmerzen.
Hinzu treten einseitige Belastungen aus allzu intensivem Krafttraining, wobei hier in erster Linie das Bauchmuskeltraining zu nennen ist. Radfahren ist ebenfalls eher ungünstig, da es sich hierbei wiederum um eine sitzende Tätigkeit handelt. So werden die Unbeweglichkeiten noch weiter gefördert. Gerade bei derartigen sportlichen Tätigkeiten ist die Aufrechterhaltung des natürlichen Bewegungsausmaßes von großer Bedeutung, um dauerhaft gesund und schmerzfrei zu bleiben.
Dies stellt nur einen kurzen Einblick in die Entstehung von chronischen Rückenschmerzen durch einseitige Belastungen dar, manchmal liegen die Dinge komplexer und sind dennoch therapierbar.
Rückenschmerzen und Bandscheibenvorfall müssen kein Schicksal sein – eine Kurzübersicht
Regelmäßig berichten die Medien über bekannte Persönlichkeiten, die durch Bandscheibenvorfälle in ihr Karriereende gezwungen werden. Doch die schulmedizinischen Therapieoptionen enden häufig in Operationen, die grundsätzlich in ihrem Nutzen zu hinterfragen sind.
“DIE BEHANDLUNG VON RÜCKENSCHMERZEN MUSS GRUNDLEGEND REFORMIERT WERDEN.”
Aus meiner Sicht ist dringend ein Umdenken erforderlich, was die wirkliche Ursache einer (Rücken-)Schmerzproblematik ist.
Viele Jahre habe ich mit den Schmerzphänomenen und den wissenschaftlichen Theorien zu ihrer Kausalität und möglichen Behandlungsansätzen beschäftigt. Nicht zuletzt war ich vor einigen Jahren selbst betroffen, folgte der Schulmedizin/Orthopädie und stand am Ende kurz vor einer OP.
Heute bin ich fit und kenne seit Jahren keine chronischen Schmerzen mehr.
Der Irrweg:
Die von mir gelesenen Standardwerke der Medizin waren damals beim Thema Bandscheibenvorfall in sich logisch widersprüchlich. Aus heutiger Sicht würde ich noch weiter gehen und diese als falsch bezeichnen. Auf medizinischen Chirurgen-Fachkongressen kann man diese Widersprüchlichkeiten auch hören – hier ist man noch immer auf der Suche nach einem wirklich effektiven “Gold-Standard”.
Die ganze Problematik hat auch enorme wirtschaftliche Konsequenzen. Die Therapie von Rückenschmerzen nebst Ausfallzeiten kostet die Gesellschaft rund 50 Mrd. € pro Jahr!
(Bei rund 40 Millionen Erwerbstätigen sind das jeweils ca. 1.250 € / Jahr)
Deshalb erscheint mir die heute übliche Behandlung von (Rücken-)Schmerzen grundlegend reformbedürftig.
Beginnen möchte ich mit dem Stichwort Bandscheibe:
Sie ist kein Stoßdämpfer, wie so häufig zu lesen ist!
Die Abfederung von Stößen erfolgt im biologischen System Mensch durch die S-förmige Krümmung der Wirbelsäule und dem Federsystem der Beine. Diese von der Natur aus geniale Konstruktion setzt Muskelanspannung ein, um Stöße abzufedern. Die Bandscheibe mit ihrem umgebenen Faserring ist im Volumen im Tagesverlauf immer gleich. Eine bei Menschen gemessene Höhenminderung im Tagesverlauf (1-2 cm) beruht vielmehr auf einer zunehmenden Verkrampfung und stärkerer S-Krümmung der Wirbelsäule. Hintergrund ist hier oft das (viel zu lange) Sitzen im Arbeitsalltag; nachts erholt und lockert sich dieser Zustand wieder und die Körpergröße nimmt auf diese Weise wieder zu. Warum die Bandscheibe kein Stoßdämpfer sein kann, zeigen auch Fische, die ebenfalls über Bandscheiben verfügen. Sie leben in Schwerelosigkeit und benötigen demzufolge keine Stoßdämpfung. Die wichtige Aufgabe der Bandscheiben liegt in der Herstellung einer Beweglichkeit. Je mehr Bandscheiben ein Lebewesen aufweist, umso beweglicher ist es in alle Raumrichtungen.
In der Betrachtung der Muskulatur liegt somit auch der Schlüssel in der Behandlung von Bandscheibenvorfällen und Rückenschmerzproblemen:
Eine Bandscheibe kann sich nicht von selbst aus ihrer natürlichen Position verlagern. Wenn sie in Richtung Bandscheibenvorfall verlagert wird, dann müssen es muskuläre Züge (Kraftvektoren) sein, die dies verursachen. Das Körperbewusstsein registriert diese Dysbalance und reagiert zunächst mit Einschränkungen der Beweglichkeit, später mit Schmerz – ganz im Sinne eines kybernetischen Steuerungsprozesses. Auf diese Weise kann erstmals die Entstehung eines Bandscheibenvorfalls wirklich ursächlich betrachtet und erklärt werden – wissenschaftlich wird es bislang als rein degenerativ eingestuft. Was die Verlagerung der Bandscheibe betrifft, so handelt es sich hier vor allem um den Muskel Psoas, der durch einseitige Sportarten und jahrelanges Sitzen bei den meisten Menschen verhärtet, unbeweglich und regelrecht starr geworden ist. Er setzt an der Vorderseite der Lendenwirbel an und wirkt über Kraftvektoren indirekt auf die Bandscheibe. Im ungünstigsten Fall wirken Drehmomente, die den Faserring der Bandscheibe zum Einreissen bringen und so Bandscheibenkernmaterial herausquillt (sog. Sequester).
Der Rückenschmerz hat jedoch nicht direkt etwas mit der Bandscheibe und auch nicht mit sogenannten “Nerveneinklemmungen” zu tun. Schmerz ist ein Bewusstseinsprozess und wird vom Unterbewusstsein absichtlich eingesetzt, um auf Defizite hinzuweisen. In der Tiefe darauf einzugehen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Diese Zusammenhänge werden in meinem Buch “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele” ausführlich besprochen.
THERAPIE VON RÜCKENSCHMERZEN:
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Prophylaxe und die Behandlung zahlreicher Schmerz- und Körperprobleme liegt in der Wiederherstellung der natürlichen Beweglichkeit der jeweiligen Muskelstrukturen. An dieser Stelle lasse ich emotionale Gründe oder Schocktraumen als Ursache für Muskelanspannungen und Schmerzen einmal außer acht.
Eine wirklich kausale und zielführende Schmerztherapie ist somit die Wiederherstellung einer Beweglichkeit, wie sie bei Kindern noch normal ist und mit zunehmenden Alter immer mehr verloren geht. Konkret bedeutet dies bei Schmerzproblemen im Lendenwirbelsäulenbereich, dass die beckennahe Muskulatur auf der Vorderseite, die vor allem durch zu viel Sitzen über Jahre hinweg verkürzt wurde, wieder beweglich umtrainiert wird. Hierzu werden spezielle Körperübungen eingesetzt, welche die einseitigen Effekte der heutigen Arbeitsumgebung (zu langes Sitzen) wieder aufheben.
Auf diese Weise lassen sich unter aktiver Mitarbeit eines Patienten auch jahrelange Rückenschmerzprobleme oftmals innerhalb weniger Wochen auflösen. Selbstverständlich bewegt sich eine verlagerte Bandscheibe danach wieder in ihre Normalposition und etwaige Schäden heilt der Körper ebenfalls aus. Dass dies kein theoretischer Exkurs ist, beweisen regelmäßig die Patienten meiner Praxis, die es manchmal wie eine kleine Wunderheilung erleben – obwohl es auf logischen Zusammenhängen beruht.
Die derzeit in der Orthopädie bei unspezifischen Rückenschmerzen (etwa 90% der Fälle) eingesetzten Verfahren, wie Kräftigungstrainings, Schmerzmittel oder Operationen sind rein symptomatisch und setzen an der falschen Stelle an. Wären die heutigen Behandlungsverfahren wirklich zielführend, so würden Rückenschmerzen in der deutschen Bevölkerung nicht jährlich um 3-5 % zunehmen.
Deshalb muss die Beweglichkeit eines Menschen bei allen Schmerzproblemen therapeutisch in Augenschein genommen werden. Ich gehe davon aus, dass über diesen Weg mindestens 50% aller Rückenschmerzen vermeidbar sind. In meiner Praxis liegt die Erfolgsquote noch deutlich höher – obwohl es häufig sehr chronifizierte Beschwerden sind, wegen denen ich aufgesucht werde.
SEMINARE/WORKSHOPS:
Besser als erst zu handeln “Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist” wäre, seine körperliche Fitness auch auf den Bereich Beweglichkeit auszudehnen.
Hierzu biete seit langem auch Seminare, in denen man die geeigneten Körperübungen zur Beweglichkeitsverbesserung effektiv erlernen kann. In ihrem Wesen sind sie neuartig und können kaum über Bilder oder Videos zielführend vermittelt werden. Sie haben nichts mit Dehnen oder Stretching zu tun, da diese mit dem Bindegewebe innerhalb des Muskels gearbeitet wird. Für eine Verbesserung der Beweglichkeit muss dagegen aktiv mit dem Muskel gearbeitet werden.
Für einige Leser mag es verwunderlich und neu sein:
Dehnen macht einen Muskel nicht beweglicher, es erhält allenfalls den status quo!
Weiterhin wird in diesen Workshops auf vielfältige muskuläre Störungen eingegangen (u.a. Meniskusprobleme, Wadenverkürzungen, Hallux Valgus). Es gibt ein Modul für den Unterkörper und ein Modul für den Oberkörper.
Die Bandscheibe ist selbst nicht mit dem Nervensystem verbunden. Eine Reizübermittlung an das Gehirn (Schmerz) kann durch sie somit nicht stattfinden. Entgegen der derzeitigen schulmedizinischen Auffassung ist die Bandscheibe nicht Auslöser, sondern Leidtragende einer zugrundeliegenden muskulären Störung, die über Zugkräfte der hüftbeugenden Muskulatur den Vorfall oder die Vorwölbung verursacht. Eine Einengung des Nerven erscheint ebenfalls unwahrscheinlich, da ein Druck auf einen Nerv nirgendwo sonst im Körper Schmerzen an entlegenden Orten auslöst. Nur ein lokaler Druckschmerz oder nach Minuten eine schmerzlose Funktionslosigkeit des nerval versorgten Bereiches entsteht. Warum sollte es also ausgerechnet bei der Bandscheibe anders sein? Immerwährende Wiederholung macht die These der Nerveneinengung durch die Bandscheibe physikalisch nicht haltbarer. Einrisse im Faserring der Bandscheibe treten bereits bei Kindern auf, die über keine Schmerzen berichten.
Die Bandscheibe ist Leidtragende einer chronischen muskulären Fehlbelastung
Warum ich so sicher bin:
- Ich hatte selbst einen extrem großen Bandscheibenvorfall (LWS L4/L5), der als dringend operationspflichtig eingestuft wurde. Es traten extreme Schmerzen im Rücken, Gesäß und Bein, Schiefstellung und Taubheit / Parästhesien im Fußbereich auf. Entgegen den schulmedizinischen Empfehlungen, die ich im konservativen Bereich über Monate ohne Erfolg und zudem als Privatpatient ausschöpfte, wurde ich erst in der Klinik für Biokinematik wieder gesund. Hier wurden ausschliesslich an den Muskelfunktionsstörungen des Beckens gearbeitet, mit massiver Linderung der Beschwerden innerhalb von Tagen und anschliessender völliger Genesung mit kompletter Rückbildung des Bandscheibenvorfalls.
- Da ich ich einige Jahre später die Biokinematik von Arzt Walter Packi erlernt hatte und meine eigene Heilpraktiker Praxis eröffnete , habe ich bis heute sehr viele Patienten mit Bandscheibenvorfällen behandelt und sehe die muskuläre Ursache andauernd bestätigt. Oft kann ich die Beschwerden in Minuten lindern. Das genügt für eine Beweisführung.
- Überlegungen der Biomechanik und auch zur Dichte des Bandscheibenmaterials im Vergleich zu den Nervenwurzelstrukturen, insbesondere unter Berücksichtigung von Schwerelosigkeit im Liquorraum der Wirbelsäule, veranlassen mich auch zu der Sichtweise, dass eine Quetschung oder Einengung (Stenose) nicht wirklich der Fall ist. Die Bildgebungen sehen häufig dramatisch aus, werden aus Sicht der Biokinematik aber falsch interpretiert.
Konkret handelt es sich bei den wirklichen Ursachen für den (lokal dort begrenzten) Bandscheibenschaden ebenso wie den ausstrahlenden Schmerzen und Lähmungserscheinungen bis hinunter in die Zehen um geometrische (nicht kraftabhängige) Fehlfunktionen der vorderen wirbelsäulennahen Muskulatur.
Diese Muskulatur führt die Relativbewegungen zwischen dem Bein und der unteren Wirbelsäule durch. Damit entspricht diese Muskulatur der funktionellen Mitte des Körpers. Ohne diese ist eine Bewegungsübertragung von der Wirbelsäule zum Bein nicht möglich. Sie ist bei der heutigen vornehmlich sitzenden Tätigkeit der modernen Menschen oft verkürzt und in schlechtem Trainingszustand. Bei einer verkürzten vorderen Wirbelsäulenmuskulatur werden die darunterliegenden Bandscheiben wegen des permanent (auch im Schlaf) wirkenden Muskelzuges nach hinten in Richtung Rückenmark verdrängt und verlagert (Bandscheibenschaden).
Kommt zu der muskulären Verkürzung noch eine Asymmetrie der Binnenstruktur des Muskels hinzu, dann entstehen zusätzlich Schmerzen und ggf. Lähmungen. Die Ursache von Schmerzen und meist myogenen Lähmungen sind im funktionsgestörten Muskel zu suchen und nicht in den Bandscheiben, Nerven, Wirbelgelenken o.ä. .
Verantwortlich für Schmerzen im lumbosakralen Bereich (unterer Rücken) sind im Regelfall geometrische Fehlfunktionen in (beispielhaft) den folgenden Muskeln: M.rectus abdominis, M.rectus femoris, M.adductor magnus, M.gluteus maximus ibiale, M.iliacus und M.psoas.
Dennoch ist der Schmerz ein Bewusstseinsprozess. Er entsteht erst im Gehirn, nachdem der Körper die Fehlfunktionen dorthin gemeldet hat und das Bewusstsein über den Schmerz auf ein Problem hinweisen möchte.
Aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften (Füllvolumen bleibt gleich) leitet sie Stöße eher ungebremst weiter. Die Stoßdämpfung erfolgt in Wirklichkeit und damit entgegen der derzeit noch üblichen medizinischen Fachmeinung durch Muskelanspannung, je nach Körperposition hauptsächlich im Fuß, dem angewinkelten Kniegelenk, sowie im S-förmigen Verlauf der Wirbelsäule.
Hierdurch kann die Stossdämpfung auch wohldosiert und Bewegungen gezielt abgebremst werden. Eine passive Struktur wie die Bandscheibe kann dies nicht leisten und hat hingegen die wichtige Aufgabe, die Rumpf-/Kopfbewegung überhaupt erst zu ermöglichen und die Wirbelkörper in jeder Körperposition optimal als Einheit miteinander zu verbinden. Je mehr Wirbelkörper und Bandscheiben ein Wirbeltier hat, umso beweglicher ist es.
Aus diesem Grund verfügen auch Fische über Bandscheiben. Der Sinn als Stossdämpfer ist im Wasser bei Schwerelosigkeit nicht gegeben.
Die bei Menschen gemessene Größenminderung zum Abend hin ist daher eine Folge der zunehmenden Verkrampfung/Einsteifung durch einseitige Tätigkeiten (Sitzen!) und führt zu einer stärkeren Krümmung im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule. Nachts im Schlaf wird Energie getankt und man ruht sich aus – die eigentliche Körpergröße kehrt zurück.
Die Blockade des sogenannten Ilio-Sakral-Gelenks ist keine Blockade der knöchernen Strukturen des ISG selbst. Sie ist ebenfalls eine muskuläre Störung, die in der Regel in der Hüftbeugemuskulatur zu suchen ist, deren Zusammenspiel gestört ist und die aus diesem Grund krampft bzw. hakt wie Sand im Getriebe.
Die meisten Diagnose- und Therapieansätze rund um dieses Gelenk laufen aus diesem Grund ins Leere. Therapiert werden muss an der Muskulatur selbst, vor allem an der Bauchmuskulatur und / oder dem Muskel Ilio-Psoas.
In der Praxis kann man selbst ausprobieren, wie schnell die Beweglichkeit des Gelenks in der Regel wiederhergestellt ist, wenn man die sogenannte Rückneigeübung (hier bei meiner Kollegin Ilona Kunzelmann auf der Webseite einsehbar) durchführt. Mit der Krampflösung im Bauchbereich kommt die Beweglickeit nach vorne und hinten augenblicklich zurück (Beispiel Hexenschuss mit verbundener ISG-Blockade). Eine Lösung der Blockade ist somit auch ohne chiropraktischen Eingriff möglich.
Ist Chiropraktik eine gute Therpie?
Chiropraktik verschafft oftmals Linderung, wofür Patienten dankbar sind. Ich wende Sie in meiner Üraxis nicht an – denn das gestörte Muskelzusammenspiel wird hierdurch nicht wirklich dauerhaft umtrainiert. So bleibt die Anfälligkeit für neuerliche Schmerzen erhalten. Eine wirkliche heilung und dauerhafte Schmerzfreiheit wird deshalb in der Regel nicht von außen, sondern nur über aktives Muskeltraining und Vertiefung des Körperbewußtseins des Patienten erreichbar sein.
Unser Verständnis ist hierbei, dass sich die Knochen und Wirbel erst durch muskuläre Verspannungen oder Blockaden verschieben. Chiropraktiker sehen hingegen die verschobenen Wirbel als Ursache der muskulären Spannung an. Ein wenig erinnert das an das “Henne oder Ei – was war zuerst da” Problem. Da Chiropraktiker Erfolge haben, ist die Beantwortung dieser Frage nicht ganz trivial. Dennoch erscheint es wahrscheinlicher, dass durch Unfälle oder einseitige Arbeitstätigkeiten zuerst die Muskulatur verspannt und dann erst Wirbel oder Knochen verschoben werden. In einem beweglichen System würde ja alles an “seinen Platz fallen”, wo es hingehört.
Muskelfunktion und Beweglichkeit
Unbeweglichkeit und Einschränkungen im Zusammenspiel der Muskulatur sind eine der häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen. Dies gilt prinzipiell für alle Körperbereiche und schließt Meniskus-/Bandscheibenprobleme oder Kopfschmerzen mit ein. Meist finden sich hier verspannte Muskelstrukturen, die am Ende die Ursache der Probleme darstellen. Zudem können bestimmte innere Erkrankungen von einem zu hohen Muskeltonus ausgelöst oder verstärkt werden.
Einer der größten Unterschiede zwischen jungen und älteren Menschen ist das Ausmaß der Beweglichkeit. Sind hier irgendwann zwischen 50-75% der Maximalbeweglichkeit verloren gegangen, dann gibt es Probleme. Am deutlichsten zu sehen bei der Rückneigefähigkeit im Stehen – Das Ergebnis jahrelangen Sitzens.
Viele meiner „sportlichen“ Patienten haben über Jahre hinweg gedehnt oder gestretcht und müssen oft dann mit Überraschung feststellen, dass in einigen Körperbereichen die Beweglichkeit stark reduziert ist. Dies gilt insbesondere für den Becken-und Oberschenkelbereich, der durch sitzende Tätigkeit heutzutage auf eine Art belastet wird, die nicht seiner Funktion entsprechen. Von der Bauweise ist der Mensch für den aufrechten Gang konzipiert und übertrifft in der Leistungsfähigkeit und Ausdauer (nicht Endgeschwindigkeit) die vierbeinigen Säugetiere.
Warum kann Dehnen oder Stretching nicht beweglich machen?
Derartige Techniken können bestenfalls die Beweglichkeit aufrecht erhalten. Wer also bereits früh auf die Beweglichkeit achtet, der wird vermutlich wenig Probleme bekommen. Aber wenn bereits Verkürzungen der Muskelfaserbündel manifest sind, dann bedarf es eines aktiven Muskeltrainings, um wieder beweglich zu werden.
Ein kurzer Ausflug in meine Jugend:
Beim wöchentlichen Judotraining mussten wir immer einige Minuten im Fersensitz vor dem Trainer sitzen. Dies war für mich bereits damals extrem schmerzhaft, v.a. im Bereich des Fußes (Spann). Ich versuchte diesen Bereich über Jahre hinweg zu dehnen, aber es blieb schmerzhaft. Trotz jahrelangem Fersensitztraining beim Judo wurde ich einfach nicht beweglicher. Damals war vermutlich schon die Grundlage für meine späteren Rückenprobleme gelegt gewesen – Radsport tat ein übriges dazu. Erst etwa 15 Jahre später erlernte ich om Rahmen meiner eigenen Bandscheibenvorfalltherapie dann die sehr speziellen Übungen des Freiburger Arztes Walter Packi (Biokinematik) und konnte die muskulären Beweglichkeitseinschränkungen dann (erstaunlicherweise) binnen Wochen wegtrainieren.
Der große Unterschied beim Muskeltraining liegt in der Art der Belastung des Muskels. Während er beim Dehnen lediglich passiv lang gezogen wird, wird der Muskel beim Biokinematik Training maximal lang bewegt und dann aktiv belastet. Wie eine Teleskop-Stange, die auf 100 % ausgezogen wird und dann in ihrer maximalen Länge arbeiten muss. Der Unterschied wird auch schnell spürbar. Während Dehnen über Minuten ausgeübt werden kann, ermüdet man bei der Biokinematik i.d.R. binnen Sekunden bis zu ca. maximal 3 Minuten.
Es ist anstrengend, weil die Muskulatur an ihre Grenzen gebracht wird. Sie hat in dieser Endstellung bauartbedingt nur wenig Kraft und kann daher sehr schnell ermüdet werden. Der Vorteil ist ein sehr effektiver und schneller Umbau des Körpers.
Durch das Training wird ein Umbaureiz gesetzt, der die Muskulatur zum Wachstum anregt. Ein Wachstum, bei dem neue Muskelmoleküle (Sarkomere) seriell hintereinander in die Muskelfasern eingebaut werden. “Technisch” ist damit eine Rückumwandlung von Sehnenteil in Muskelanteil (bildhaft: weiss wird rot) verbunden. Der damit verbundene Muskelkater ist oft sehr intensiv, vergleichbar mit meist stärkerem Muskelkater beim Bergab-Wandern (Vom Prinzip her wird der vordere Oberschenkel hier zeitweise in maximaler Länge belastet).
Dehnen birgt aber auch eine große Gefahr. Durch den sogenannten Muskelspindelreflex kann das den Muskel durchziehende Bindegewebe bei zu großer Dehnungsaktivität blitzschnell aktiviert werden und verhärtet sich binnen Millisekunden zu einer nicht mehr beweglichen Struktur. Dieser Effekt ist u.a. für Schleudertraumen zuständig, unter den Betroffene dann oft jahrelang leiden können. Dehnnen ist keine muskuläre Arbeit, sondern im Prinzip eine Bindegewebsmanipulation ohne aktive Beteiligung der Muskelmoleküle. Solange ein Therapeut dann nicht weiß, wie diese Anspannung des Bindegewebes gelöst werden kann, wird der Betroffene die Bewegungseinschränkungen behalten. Da das Bindegewebe ein Vielfaches an Kraft der Muskelfaser hat, können diese Verhärtungen große Ausmaße annehmen und viele Körperfunktionen durcheinander bringen. Selbstverständlich sind mir viele “wissenschaftliche” Dehnungstechniken bekannt, die Bücherregale füllen – aber heute halte ich das für einen großen Irrweg der Sportmedizin. Die Praxiserfahrungen lassen nur diese Schlußfolgerung zu und auch die offizielle Sportwissenschaft scheint dies langsam zu erkennen.
Ich selbst habe mich vor rund 20 Jahren – gewissermaßen euphorisiert von meiner damaligen Gesundung nach dem Bandscheibenvorfall – im Rahmen einer „Forschung Biokinematik“ öfters selbst übermäßig gedehnt und die dann eintretenden Schmerzeffekte an meinem Körper beobachtet. So lernte ich eine Vielzahl von unterschiedlichen Schmerzen kennen, wusste aber glücklicherweise auch, wie ich diese innerhalb kürzester Zeit wieder beheben konnte. Heute bin ich sicher, dass man mit gezielten Überdehnungen wie auf Knopfdruck chronische Schmerzen hervorbringen kann. Vergleichbar sind die Mechanismen mit denen einer Zerrung, die physiologisch Spannungslinien im Körper hinterlässt. Diese sind dann oft die Grundlage für Einstellung und chronische Schmerzen, nachfolgend fehlende Regeneration im Sinne einer Entstehung von Arthrose.
Daher meine Empfehlung:
Dehnen und Stretchen aufhören, zugunsten eines echten Beweglichkeitstrainings und die Veränderungen innerhalb von Wochen spüren. Über Jahre hinweg habe ich „noch bessere“ Übungen, als die von Walter Packi gesucht, aber nicht finden können. So wie mir geht es auch meiner Kollegin Ilona Kunzelmann (Ärztin), mit der ich regelmäßig Seminare durchführe. Wir sind beide von dem Konzept der Biokinematik über viele Jahre überzeugt worden und sehen die Erfolge bei den Patienten, die manchmal schon jahrelang unter Schmerz gelitten haben. Das Training ist prinzipiell für alle Alterstufen geeignet.
Ein kurzes Wort noch zum Thema Yoga:
Nach altindischer Tradition ist Yoga ein spiritueller Einweihungsweg, zu dem auch – aber nicht nur – Körperübungen gehören. Körperliche Einschränkungen werden hier mit inneren Einschränkungen zusammengebracht und richtig durchgeführt kann dies von großem Nutzen sein. In der westlichen Welt wird dieses Konzept aber weitgehend missverstanden und viele der angebotenen Yoga-Kurse verspannen die sowieso verspannten Menschen nur noch mehr. Insbesondere, weil viele Übungen nach vorne in die Verkürzung gehen – faktisch Sitzen 2.0. Nicht wenige Patienten haben mich zu dieser Sichtweise veranlasst, die sich durch falsch verstandenes „Yoga-Beweglichkeitstraining“ am Ende unbeweglicher trainierten und daher Schmerzen bekamen.
Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen ein wenig Klarheit in die mir oft gestellte Frage gebracht habe, was denn der Unterschied zwischen Dehnen und dem Beweglichkeitskonzept der Biokinematik ist. Ausführlich ist dies auch in den Büchern “Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele” sowie “Schmerzfrei durch Biokinematik beschrieben, die auch als E-Books erhältlich sind.
Die Bedeutung der Fußmuskulatur / Schuhe / Einlagen und Gangschulung
Die Füße sind das tragende Fundament des Körpers.
Es mag überraschend klingen, aber vielfältige Schmerzprobleme und Arthrose haben ihre Ursache im Bereich der Füße.
Hierfür gibt es vergleichsweise einfache Tests, um den Funktionszustand der Fußmuskeln zu überprüfen. Beispielsweise ist das die nachfolgende einfache Übung, die hier als Video absehbar ist:
Sie dürfen diese Übung gerne wiederholen und regelmäßig probieren – ab 1 Meter am Stück ist die Muskulatur langsam in guter Funktion. Anfangs erscheint das fast unmöglich, aber viele ehemalige Patienten demonstrieren dies schmerzfrei heute mit Leichtigkeit. Durch die fehlende Nutzung der Zehen geht die Funktion verloren, obwohl der Fuß anatomisch so funktional wie die Hand sein könnte.
Gleichzeitig dürfte den meisten Erwachsenen bereits aufgefallen sein, dass ihre Fußsohle im Laufe der Jahre immer druckempfindlicher beim Barfußgehen (z.B. auf Steinen) wurde. Wer kann im Sommer noch Barfuß in einen See mit Steinkieseln hineinlaufen ? Verkrampfungen und Kältegefühl sind ebenfalls häufig.
Die Ursache dieser Probleme liegt häufig in einer muskulären Funktionsstörung, die durch das heutige Schuhwerk extrem stark begünstigt wird. Hier sind es nicht nur Absätze (je höher, umso ungünstiger auf Dauer), sondern auch die überall ausnivellierten Böden, welche die variantenreiche Bewegung des Hüftgelenkes im Alltag verhindern.
Die oftmals orthopädisch verordneten Einlagen (zur Korrektur der anfänglichen Beschwerden) führen ebenfalls zu Einschränkungen, da sie die Muskulatur auf längere Sicht schwächen, obwohl sie kurzfristig vielleicht sogar Linderung verschaffen. Aus der Erfahrung heraus führt dies sogar zu noch größeren Störungen einige Zeit später. Hier sind neben dem Sprunggelenk das Knie und die Hüfte zu nennen, die nach jahrelangem Tragen von Einlagen durch immer größere Fehlbelastung de facto geschädigt werden.
Stellen Sie sich vor, dass eine nach Abdruck geformte Einlage vielleicht allenfalls im Stand noch zum Gewölbe des Fußes passt, aber beim Gehen auf verschiedenen Untergründen in 95% der Zeit nicht mehr zum biologisch erforderlichen Fußgewölbe mehr passt. Der Fuß wird somit immer mehr in eine noch größere Einschränkung hinein trainiert. Deshalb lehnen die Therapeuten, die nach dem Konzept der Biokinematik behandeln, Einlagen mit Ausnahme besonderer Einzelfälle grundsätzlich ab und trainieren stattdessen besser die Muskeln der Füße wieder funktionsgerecht um.
Funktionsgerecht bedeutet hier auch eine Gangschulung, d.h. ein Gehen, wie es von der Evolution her vorgesehen ist. Von der Natur her sind die meisten Säugetiere, aber auch die Menschen, Vorfußläufer. Dies macht Sinn, denn der vordere Teil des Fußes ist weich / beweglich und kann sich so dem Untergrund hervorragend anpassen. Der hintere Teil des Fußes, die Ferse, ist dagegen mehr oder weniger ein Knochen, der hart auf dem Boden aufkommt. Deshalb ist auch das immer wieder gelehrte “Abrollen ” des Fusses in der Orthopädie genau der Gegensatz von dem, was der Fuß von seinen Eigenschaften her machen soll – hier wird sich fälschlicherweise mit der Ferse nach vorne gezogen, wodurch die Muskeln der Beine vollkommen falsch belastet werden. Dies kostet mehr Kraft und führt auf Dauer zu muskulären Einschränkungen / Schmerzen.
Diese Art der Gangschulung lehren wir auch auf unseren Biokinematik Seminaren / Workshops. Die bisherigen Teilnehmer gaben uns sehr positives feedback über die Auswirkungen im Alltag – das gilt auch für Läufer, die mit einem biologisch korrekten Gang mehr “PS” auf die Strecke brachten.
Hinzu kommt, dass früher, als wir noch weitgehend barfuß liefen, der Fuß eine große Beweglichkeit / Flexibilität hatte und man sich auf unebenen, variantenreichen Untergründen bewegte. Heute stellt man fest, dass die meisten Füße starr und unbeweglich geworden sind, während die Untergründe meist eben sind. Um dieses Problem zu lösen, insbesondere beim Laufsport, setzt die Schuhindustrie oftmals Schaumstoffe ein, um den “Abroll-Aufprall” zu dämpfen.
Physikalisch betrachtet ist dies natürlich kompletter Unsinn, da man durch die Dämpfung Energie verliert und der vor-/Mittelfuß perfekt mit seinen Gewölben für eine Stoßdämpfung gebaut ist. Doch viele Läufer können leider gar nicht anders, als mit Einlagen und Dämpfung zu laufen, weil sie sonst aufgrund der Muskelfunktionstörungen (Verkürzungen/Verhärtungen. . . ) schnell Waden- oder Fußprobleme (auch Fersensporn) bekommen. Das Ganze geht dann lange Zeit gut, bis das System komplett zusammenbricht und in vielen Fällen der Laufsport nicht mehr ausgeübt werden kann.
Dies alles ist vermeidbar. Hierfür sollte der Fuß wieder beweglich umtrainiert werden. Dies kann durchaus einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen, lohnt sich aber. Gleichzeitig muss auch das Laufen – so oft wie möglich – wieder dem natürlichen Laufstil angepasst werden. Das bedeutet, dass der Vorfuß zuerst aufkommt und dann die Zehen aktiviert werden, um sich abzustoßen. Die Ferse bleibt hierbei passiv. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Gang bei allen Schuhen mit Absätzen (dazu gehören auch Herrenschuhe) nicht möglich ist, da durch den Absatz immer die Ferse zuerst aufkommt. Dies führt nachfolgend über Jahre nicht funktionsgerechter Belastung zur schleichenden Einsteifung und Verkrampfung des Fußes / Beines. Insofern möchte ich empfehlen, möglichst oft barfuß (mit Socken) zu laufen. Vor allem im Sommer lohnt auch das regelmäßige Laufen über abgerundete Kieselsteine in Seen oder Flüssen, um die Fußsohle zu entkrampfen.
Zu was ein funktionsgerechter Fuß in der Lage ist, zeigte der Athlet Abebe Bikila 1960 in Rom bei einem Marathonlauf, den er in 2:15 Minuten BARFUSS gewann. Nun gibt es neuerdings leider zahlreiche Schuhe, die angeblich auf einem Massai Barfuß Konzept beruhen sollen. Was hunderte von Gramm Schaumgummi am Ende mit barfuß zu tun haben, erschließt sich meiner Logik leider nicht. Stattdessen musste ich schon häufiger Menschen helfen, die nach der Umstellung auf derartige Schuhe ganz erhebliche Fußprobleme bekamen, und die manchmal auch nur schwer in den Griff zu bekommen waren. Das Geld für diese teuren Schuhe (oder billigere Nachahmer Produkte) kann man sich aus meiner Sicht gut sparen, auch wenn mittlerweile Horden von Therapeuten (auch in Reha Einrichtungen) dank eines genialen Marketings damit umher „humpeln“. Die Folgen, auch bezüglich der Spiraldynamik und Rotation im Knie- und Hüftgelenk werden in einigen Jahren sichtbar werden, wenn die Arthrose nicht zuletzt hierdurch noch weiter zunimmt. Glücklicherweise gibt es nun sogar die ersten wissenschaftlichen Studien, die diesen “Schaumgummi-Humpel Schuhen” ihre gesundheitsfördernde Wirkung absprechen und das Gegenteil herausgefunden haben.
Ein aus meiner Sicht viel besseres Schuhkonzept – nicht nur für Laufsportler – sind sogenannte Barfußschuhe, (auch unter barefoot shoes zu googeln) wie es sie von verschiedenen Hersteller seit einigen Jahren zu kaufen gibt. Diesen Schuhen ist gemeinsam, dass sie u.a. über folgende wichtige Eigenschaften verfügen:
1) Kaum Absatz
2) weiche, dünne Sohle
3) Hohe Flexibilität und Verformbarkeit
3) Kein Fußbett
Welcher Hersteller individuell passend ist, sollte im Geschäft am Fuß direkt ausprobiert werden. Nicht jedem passt ein Schuh, wo die man in Zehen einzeln reinschlüpfen muss. Mein jetziger persönlicher Favorit ist ein 4+1 Schuh, wo der Großzeh alleine unabhängig von den anderen vier Zehen bewegbar ist.
Gewöhnen Sie Ihre Füße aber bitte vorsichtig und langsam an dieses “Trainingsgerät”, da das Gehen ohne Absätze im Bereich der hinteren Wadenmuskulatur erst eingeübt werden muss.
Der Fuß ist das tragende Fundament des Menschen und weil jede Bewegung des Körpers zum Gleichgewichthalten in der Fußsohle gegenreguliert werden muss, sind die unzählig vielen Muskeln im Fuß von besonderer Bedeutung und sollten gepflegt werden. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.
Sind unterschiedlich lange Beine eine optische Täuschung und werden sie in der Therapie überbewertet?
Angeborene (echte) Beinlängenunterschiede sind sehr selten. Allerdings gibt es zahlreiche Beinlängenunterschiede, die sich aus einem Beckenschiefstand heraus ergeben und Folge einer muskulären Verspannung des Becken-/Hüftbereiches sind:
Der optische Eindruck unterschiedlich langer Beine, der oft diagnostiziert und dann meist fälschlicherweise mit Einlagen therapiert wird, liegt in einem schiefen Becken begründet. Im Regelfall ist der tatsächliche Grund eine einseitige, muskuläre Störung der Hüftbeugemuskulatur. Beide Hüftbeine stehen dann “schief” zueinander. So ergibt sich ein anderer Austrittswinkel des Oberschenkelknochens aus der Hüfte – hierdurch entsteht der Eindruck unterschiedlich langer Beine.
Nachfolgend ist durch diese ungleiche “Statik” eine Ausgleichsskoliose der Wirbelsäule (seitliche S-förmige Krümmung) verbunden. Therapiert man die ursächliche Störung an der Hüftbeugemuskulatur sind beide Beine in vielen Fällen wieder gleich lang und die Skoliose / Störungen verschwinden. Dies kann oftmals innerhalb von Minuten bewirkt werden – wird aber erst dauerhaft anhalten, wenn die Muskelstrukturen anschließend auf geeignete Weise umtrainiert werden (Beweglichkeitskonzept der Biokinematik).
Dieses Bild macht den Zusammenhang vereinfacht transparent und verständlich.
Eine unterschiedliche Beinlänge alleine ist an sich nicht schmerzhaft. Der Körper kann diese problemlos ausgleichen, so wie er diesen Ausgleich auf unebenen Untergründen erreicht. Die Schmerzen ergeben sich tatsächlich durch die muskuläre Blockade von Muskelstrukturen, welche nachfolgend einen Beckenschiefstand erzwingen. In vielen Fällen sind aber beide Körperhälften im Bereich des Beckens und der Beine verspannt / blockiert. Für das Ilio-Sakral-Gelenk bedeutet dies eine Beweglichkeitseinschränkung – es kann sich verklemmen und zu großen Schmerzphänomenen führen, die sich allerdings im Regelfall in der Praxis wieder beheben lassen.
Wie beweglich sollte man sein?
In der Regel kann man sich bei dem wünschenswerten Maß von Beweglichkeit an Kindern orientieren, die noch bewegliche und elastische Strukturen aufweisen. Je nach Alter und Körperbereich sollte man zwischen 25 und 50% der maximalen Gelenkbeweglichkeit auch im höheren Alter besitzen oder beweglich trainieren.
Vor allem durch einseitige Belastungen der Muskulatur kommt es über Jahre zu Beweglichkeitseinschränkungen, die zu anfangs oft unbemerkt bleiben. Die Folgen werden irgendwann später vielfach als (chronischer) Schmerz spürbar.
Auch durch Unfallereignisse kann die Beweglichkeit plötzlich eingeschränkt werden:
Ab einer bestimmten Kraftwirkung wird der Bindegewebsapparat im Muskel blitzschnell aktiviert, um einer Dehnüberlastung oder einem Zerreißen der Muskelfasern entgegenzuwirken. Dieses Bindegewebe ist um ein Vielfaches stärker als der Muskel selbst. Die Muskelfasern werden unbeweglich und schützen den Körper vor weiterer Bewegung und Verletzung. Diese Blockade löst sich nun leider meist nach dem Unfall nicht wieder von alleine auf, da sie unbewusst reflexgesteuert ist. Sie ist palpatorisch tastbar und fühlt sich wie eine stark gespannte, harte Faserstruktur an. Hierdurch kommt es zu Bewegungseinschränkungen und Funktionsdefizite, die in den bereits beschriebenen Muskel-Schmerz-Kreislauf münden.
Derartige Beweglichkeitsdefizite sind mit der dem Konzept der Biokinematik behandelbar – nicht zuletzt auch eine hervoragende Prophylaxe gegen Arthrose.
Das Alter des Patienten spielt übrigens bei der Wiederherstellung der natürlichen Beweglichkeit eine stark untergeordnete Rolle. Mit dem Behandlungskonzept der Biokinematik und den entsprechenden Übungen erzielt man auch im hohen Alter i.d.R. noch wesentliche Verbesserungen der Beweglichkeit.
Viel Freude bei Üben der Beweglichkeit – es lohnt sich !
Meniskusschmerzen – eine völlige Fehlinterpretation der Ursache
Zahlreiche Menschen klagen über chronische Knieschmerzen, die ärztlicherseits häufig als Meniskusschmerz gedeutet werden. Ich möchte diese Thematik etwas beleuchten und eine mögliche Ursache dieser Schmerzen aufzeigen, die oftmals übersehen wird:
Bei den Menisken handelt es sich um zwei halbmondförmige Gebilde aus Knorpelmaterial, die für die Bewegung des Knies nötig sind. Diese können zwischen den Knochen eingeklemmt werden und dann beispielsweise einreißen. In diesen Fällen wird ein Orthopäde meist eine Operation empfehlen, um die Verletzung zu therapieren. Oftmals ist das Problem damit behoben, die Schmerzen klingen ab und das Leben geht normal weiter.
Doch in zahlreichen Fällen treten Schmerzen weiterhin auf oder es kommt wieder zu Einklemmungen des Meniskus. Was ist der Grund hierfür?
Jeder Meniskus ist mit der Oberschenkelmuskulatur verwachsen und wird durch diese in die jeweils richtige Position während der Beinbewegung gebracht. Falls nun beispielsweise über Jahre hinweg diese Muskeln zunehmend verspannen und verkürzen, wird die Führung des Meniskus während einer Bewegung zunehmend ungenauer. Irgendwann ist dieser genau zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Er wird dann eingeklemmt und kann verletzt werden.
Nicht immer ist dann eine Operation nötig – denn falls der Meniskus therapeutisch wieder aus seiner misslichen Lage befreit wird, kann der Körper ihn selbst wieder vollständig heilen lassen. Hier sind mir zahlreiche Fälle aus der Praxis bekannt, bei denen eine vollständige Heilung ohne Operation stattgefunden hat. Selbstverständlich ist hier ein abgestimmtes Vorgehen mit dem behandelnden Orthopäden nötig, da vorab (u.a. radiologisch) sichergestellt werden muss, dass keine weiteren Verletzungen (wie freie Knorpelanteile, Brüche etc.) vorliegen. Beim Nutzen einer Operation sollte mitberücksichtigt werden, dass durch die Betäubung des Knies und der medikamentösen Entkrampfung der Muskeln häufig bereits die Grundlage für Schmerzfreiheit geschaffen wurde – unabhängig von der eigentlichen Therapie des Meniskus.
Grund der mit dieser Thematik verbunden Schmerzen ist nicht der Meniskus selbst, sondern die Funktionseinschränkung der Beinbewegung. Diese wird dem Körperbewusstsein über Messfühler in den Muskeln und Sehnen mitgeteilt. Es interpretiert die Daten und quittiert sie mit Schmerzen, um beispielsweise weitere Verletzungen zu verhindern und den Betroffenen in eine Schonhaltung zu zwingen. Der Meniskus selbst schmerzt hierbei nicht, denn er hat keine Möglichkeit elektrischer oder chemischer Art entsprechende Reize auszusenden. Insofern ist der Ausdruck „Meniskusschmerz“ irreführend. Der Schmerz lässt sich häufig auch leicht reproduzieren oder auch bei “Gesunden” auslösen, wenn die Oberschenkelmuskualtur bewusst in ihren Grenzbereichen beübt wird.
Unabhängig von eventuellen Meniskusverletzungen wird deshalb der Funktionszustand der Muskulatur, hier speziell die Oberschenkelmuskulatur, bei chronischen Knieschmerzen zum Ziel einer Therapie. Es zeigt sich, dass vor allem Leistungssportler in diesem Bereich häufig Beweglichkeitsdefizite aufweisen. Deshalb treten Knieprobleme hier bereits in früheren Lebensaltern auf. Menschen, die weniger Sport treiben, bekommen diese Schmerzen – falls überhaupt – eher im Alter. Ein Grund hierfür liegt in beständigem Sitzen.
Sofern es mit geeigneten Körperübungen gelingt, die Muskulatur wieder frei beweglich und harmonisch innerhalb der Muskelketten arbeiten zu lassen, verschwinden chronische Schmerzprobleme meist innerhalb kurzer Zeit. Dies kann der Betroffene selbst mittels eines Trainings erreichen, bei dem die entsprechenden Umbaureize gesetzt werden. Anschließend sollten zusätzliche Beweglichkeitsreserven geschaffen werden, damit die Probleme anschließend nicht wieder kommen. Es handelt sich hierbei keinesfalls um Krafttraining – denn dieses hat die entsprechenden Beschwerden meist erst begünstigt. Stattdessen ist die funktionsgerechte Verlängerung der Muskulatur mit den speziellen Übungen der BIOKINEMATIK das Ziel. Muskeln sind aktive Gebilde, bei denen sich zum Beispiel unbeweglich gewordene Sehnenanteile wieder teilweise in bewegliche Muskelfaserstrukturen umwandeln lassen.
Grundsätzlich gilt das ausgeführte auch für Schmerzen, die im Bereich der Kniescheibe (u.a. Patellaspitzensyndrom , retropatellare Chondropathie etc.) entstehen.
In der medizinischen Lehrmeinung wird die Bedeutung der Muskulatur bei chronischen, unspezifischen Schmerzen tendenziell unterschätzt. Häufig stehen Knochen und Gelenke im Mittelpunkt orthopädischer Betrachtungen. Hierbei scheint übersehen zu werden, dass Knochenmaterial sich erst durch den Druck muskulärer Zugkräfte aufbaut und Gelenke vor allem dann überbelastet werden, wenn die Geometrie der muskulären Führung gestört ist. Insofern ist der Meniskus in der Regel nicht Ursache von Schmerzen, sondern als der „Leidtragende“ einer Störung in der Funktion der Beinmuskulatur anzusehen. Diese zu beheben, sollte bei derartigen Problemen oberstes Ziel sein und meist über die Biokinematik auch möglich. Sofern der natürliche Funktionszustand der Muskulatur schon im Vorfeld durch köperbewusstes Verhalten aufrechterhalten wird, wird die Verletzung des Meniskus auch zunehmend unwahrscheinlicher. Bei etwaigen Unfällen hätte der Körper zudem einen größeren Bewegungsraum, um körperlichen Schaden besser abwenden zu können. Verstauchungen, Überdehnungen oder Verdrehungen werden damit automatisch seltener.
Einschlafgefühle in den Armen / Karpaltunnelsyndrom
Viele Menschen leiden zuweilen unter dem Einschlafen von Fingern oder unter Schmerzen/Taubheitsgefühlen im Bereich des Armes. In der Regel beginnen diese Probleme schleichend und bauen sich immer weiter auf. Orthopädisch-Neurologisch werden diese Art von chronifizierten Missempfindungen i.d.R. den Nerven (z.B. Einklemmungen) zugeordnet, entweder im Bereich des Handgelenks oder aber auch direkt im Bereich der Halswirbelsäule. Ich halte diese Sichtweise für nicht begründet.
In den letzten Jahre hatte ich wirklich viele Patienten, die wegen derartiger, langanhaltender Beschwerden operiert werden sollten. Neben den generellen Operationsrisiken führen derartige Eingriffe zu mehrwöchiger, eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit und zu längerer Krankschreibung. Zudem kommen die Beschwerden oft wieder, weil aus Sicht der Biokinematik die falsche Ursache therapiert wird. Ja, die Operation hilft häufig, aber die Erklärung muss über die Muskeln/Sehnen erfolgen und nicht über die Handnerven..
Bei den meisten Patienten konnte ich jedoch nicht nur die Operation vermeiden helfen, sondern teilweise sogar innerhalb von Minuten das Gefühl in den Finger wieder auf den Normalzustand korrigieren. Ursache war in diesen Fällen immer eine Muskelverhärtung/Verspannung im Bereich des Brust und Halswirbelsäulenbereiches, die derartige Missempfindungen auslöst – sehr zur Freude der betroffenen Patienten. Selbstverständlich sind etwaige Schmerzen in der Region i.d.R. ebenfalls über die Muskulatur und die richtigen Übungen behandelbar. Missempfindungen sind im Erklärungsmodell der Biokinematik, wie auch Schmerze,n eine reine Bewusstseinerfahrung und erfolgen erst durch Verarbeitung von Informationen im Gehirn als Symptom.
Derartige Beschwerden machen überaus deutlich, wie wichtig eine funktionsfähige Muskulatur ist, die insbesondere sehr beweglich sein muss und die sehr unter den Einseitigkeiten der Büroarbeitswelt zu leiden hat. Treten diese Beschwerden bereits zeitweise auf und Verschwinden dann wieder, sollte dies zum Anlass genommen werden, die entsprechenden Körperbereiche wieder in Ordnung zu bringen.
Hierfür bieten sich unter Kosten-/Nutzenaspekten sicherlich unsere Muskelfunktionsseminare an, bei denen wir die Zusammenhänge veranschaulichen und den Teilnehmern auch immer wieder eindrucksvoll am eigenen Körper beweisen können. Die meisten Menschen sind überrascht, wie viele Bewegungsdefizite sich über die Jahre schleichend und weitgehend unbemerkt aufgebaut haben.
Sind die Probleme dagegen bereits dauerhaft, beeinträchtigen die Lebensqualität oder eine Operation wurde bereits schulmedizinisch empfohlen, wäre ein persönlicher Behandlungstermin sicherlich ein lohnenswerte Chance auf Heilung.
Informationen zum Schulter-Arm Syndrom mit einem aktuellen Fall aus der Praxis
In diesem Fall wurde eine wirklich unsinnige Operation vermieden !
Vor einiger Zeit kam eine slowakische Bekannte mit ihrer Mutter zu Besuch. Beiläufig erwähnte sie eine geplante Operation, bei der aufgrund einer (angeblichen) Muskelverkürzung eine Plastik zur Verlängerung eines Oberarmmuskels eingesetzt werden sollte. Aufgrund sprachlicher Übersetzungsschwierigkeiten blieb die genaue Diagnose für mich etwas unklar. Sie war allerdings durch mehrere orthopädische Chirurgen und durch bildgebende Diagnostik abgesichert. Die Operation sollte in wenigen Tagen stattfinden und die Tochter hätte die Mutter dann rund vier Wochen pflegen müssen, da der Arm in der Zeit nicht bewegt werden könne.
Nachdem es sich bei dem Problem rein um Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit (Arm heben, nach hinten austrecken, über den Kopf heben) ging, fragte ich die Mutter nach der Entstehung der Schmerzproblematik. Sie erwähnte eine Bewegung im Garten – ansonsten nichts.
Ich untersuchte ihren Oberarmmuskel, der laut Diagnostik wohl die Ursache der Beschwerden sein sollte, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Allerdings fiel mir schnell die muskuläre Verspannung im Bereich des Schlüsselbeines und der vorderen Brustmuskulatur auf. Daraufhin behob ich die akute Blockade mit Hilfe von Druckpunkten der Biokinematik (analog manueller Therapie). Die Punkte waren stark druckschmerzhaft – was auf eine große Muskelfunktionsstörung hindeutete. Der Schmerz ließ nach einiger Zeit nach und die Muskulatur lockerte sich.
Gleichzeitig wurde ihr sehr warm, was immer ein Zeichen von Freisetzung eines (Unfall-)Schocks ist.
Von therapeutischer Bedeutung ist, dass die Therapie nicht an dem Ort erfolgte, wo sie Schmerzen empfand ( = der Regelfall bei der von mir angewandten Therapie der Biokinematik). Nach ca. zehn Minuten bat ich sie, ihren Arm zu bewegen. Zu ihrem großen Erstaunen war die Bewegung fast vollständig möglich und weitgehend schmerzfrei. Ich behob noch die größten Reststörungen und gab ihr einige Übungen für Zuhause mit, um die Muskulatur vollständig zu entblockieren und wieder ausreichend beweglich zu machen.
Die Dame war überglücklich, die Operation wurde gestrichen und auch die Tochter konnte das kaum fassen.
Ähnlich gelagerte Fälle habe ich schön häufig therapiert, wenngleich die Therapie nicht immer so schnell sein kann. Manchmal sind die Probleme komplexer und ziehen sich über mehrere Körperregionen hin – dann ist erheblich mehr zu tun.
Fazit:
Durch eine (teure) Operation wäre die Frau unnötig operiert worden und gesunde Körperteile wären auf diese Weise geschädigt worden. Die tägliche Praxis beweist immer wieder, dass zahlreiche Operationen zur Beseitigung von chronischen Schmerzen an der falschen Stelle ansetzten und/oder unnötig sind. Hierzu gehören sicher auch Bandscheibenoperationen. Doch ich bin kein grundsätzlicher Gegner von Operationen: Sinnvoll sind sie beispielsweise zur Wiederherstellung von Knochen- und Bandstrukturen, sofern medizinisch notwendig.
Leider gibt es keine ärztliche Facharztgruppe, die sich wirklich intensiv mit der Muskulatur auseinandersetzt. Vielleicht im Gegenteil: Es berichten immer wieder Patienten, dass der behandelnde Orthopäde sie noch nicht einmal angefasst hätte – sondern die Diagnose alleine anhand von radiologischen Bildern getroffen hätte. Wohin ein solches Vorgehen auf Dauer führt, kann man nicht zuletzt an den Defiziten unserer Krankenkassen ablesen!
Beim Sitzen am Computer werden meist beide Arme aufgelegt, die Schultern hochgezogen und der Kopf nach vorne geschoben. Hierdurch wird der Hals abgewinkelt, der Schwerpunkt des Kopfes ruht somit auf dem Brustbein und nicht mehr enspannt auf der Hals-Wirbelsäule. Die vordere Halsmuskulatur und Schultermuskulatur wird auf Dauer in Richtung Verkürzung/Verspannung trainiert. Hierdurch können im Laufe der Zeit insbesondere Migräne und Kopfschmerzen entstehen.
Das permanente Sitzen an sich bringt weitere muskuläre Probleme im Hüft-/Beckenbereich mit sich, die sich in Rückenschmerzen und Ischialgien (Schmerzausstrahlung in die Beine) äußern können. Im Extremfall kann sich über Jahre hinweg im Hüftgelenk durch Bewegungsmangel und der damit verbundenen dauerhaften Unterversorgung des Gelenkknorpels mit Nährstoffen eine (Sitz-)Arthrose bilden, die im Anfangsstadium allerdings meist reversibel ist.
Die Bandscheibe wird durch das permanente Sitzen ebenso belastet und wird nach hinten verlagert (Bild).
Eines der Kernelemente des Therapiekonzeptes der Biokinematik sind spezielle Körperübungen, welche die Wiederherstellung der Muskelfunktion und Beweglichkeit zum Ziel haben.
Rund um die Durchführung und die Folgen dieser Übungen tauchen immer wieder Fragen auf, die an dieser Stelle kurz angesprochen werden:
In der Regel tritt ein bis zwei Tage später ein starker bis sehr starker Muskelkater auf, der nach ca. drei Tagen wieder abklingt. Bei vorbestehenden Beschwerden ist eine Erstverschlimmerung möglich. Diese ist grundsätzlich positiv zu werten, denn sie wird durch die Umbauprozesse und die Neuabstimmung der Muskelgruppen zueinander ausgelöst. Sie stellt eine gute Indikation dar, dass die Therapie anschlägt. Der Mensch ist hier jedoch individuell, so dass eine zu pauschale Aussage unmöglich ist.
Entgegen der allgemeinen Auffassung ist der Muskelkater keine Verletzung von Mikrofasern im eigentlichen Sinn und auch keine Übersäuerung der Muskulatur. Er ist direkte Folge der Wahrnehmung eines Umbauprozesses, bei dem zusätzliche Muskelfaser-Moleküle eingebaut werden. Hierzu sind „Einrisse“ (Sollbruchstellen) in den Muskel-Elementen notwendig sind, die mikroskopisch sichtbar sind. Diese Risse sind insofern vom Körperbewusstsein beabsichtigt. In der Umbauphase ist die Muskulatur noch nicht perfekt aufeinander abgestimmt und so kommt es zu einer Wahrnehmung von Schmerz, bis alle Muskelstrukturen wieder vollständig in das Körperbewusstsein integriert sind.
Die im Rahmen der Biokinematik-Therapie durchgeführten Übungen werden bewusst langsam und ohne „Reißen“ durchgeführt. Da hier auf sehr effektive Weise Umbauprozesse der Muskulatur angeregt werden, ist der nachfolgende Muskelkater meist sehr viel stärker als bei Krafttraining/Fitnessübungen.
Das Behandlungskonzept hat mit Stretching- oder Dehnungstechniken nichts gemeinsam, denn diese Techniken – trotz ihrer Popularität – verändern die Muskulatur nicht. Ein Muskel wächst über Reize und Muskelkater innerhalb von Tagen. Dehnbar sind sowohl Muskel- wie auch Sehnenanteil nicht. Aktueller Stand der wissenschaftlichen Muskel- und Faszienforschung ist seit einigen Jahren, dass Dehnen keine Wirkung hat und Gefahren der “Zerrung” mit sich bringen kann (Muskelspindelreflex / Muskeldehnungsreflex).
Die Belastung von Gelenken / erforderlich oder schädlich?
Man hört oft Aussagen in Büchern, Medien oder von Ärzten, dass die Gelenke eine große Last tragen würden. Hier werden dann vor allem die Kniegelenke, aber auch die Wirbelgelenke erwähnt – also diejenigen Gelenke, die nach der Vorstellung vieler Menschen eine Last tragen müssen.
Ich teile diese Auffassung von „Belastung“ nicht. Der menschliche Körper ist von ungleich größerer Perfektion als es die derzeitige Ingenieurskunst bislang hervorgebracht hat. Daher ist es sinnvoll, im Bereich der Technik von der Natur abzuschauen und dies dann zu kopieren, sofern möglich.
Durch „Zufall“ bin ich auf ein Unterrichtsprojekt für die Sekundarstufe II gestoßen, welches mir die Möglichkeit bietet, meine Sichtweise von belastungsfreien Bewegungen faszinierend anschaulich zu untermauern. So kann man einen komplexen Sachverhalt einfach verständlich machen.
(Aus meiner Sicht lohnt sich das Lesen/Überfliegen des ganzen Artikels)
Auf der fünften Seite wird ein Holzmodell gezeigt, welches die menschliche Wirbelsäule nachbildet.
Ohne dass die Wirbel sich berühren, alleine durch nachgebildete Band und Muskelstrukturen ist die gesamte Konstruktion frei tragend. Sehr vereinfacht im Vergleich zu den vielen Muskelfasern, die der Mensch besitzt, aber zur Veranschaulichung vor allem für medizinische Laien faszinierend und irgendwie kaum vorstellbar, dass es sich wirklich frei trägt.
Noch bemerkenswerter finde ich diese Sätze (Unterlagen aus 2007):
Ergebnis: Das Wirbelsäulenmodell ist tragstabil und gleichzeitig beweglich; zwischen den Wirbeln, wo sich normaler Weise die Bandscheiben befinden, ist ein Abstand von mehreren Millimetern.
Konsequenzen: Aus diesen Ergebnissen ergeben sich erhebliche medizinische Konsequenzen für die Ursachen und die Therapie von Rückenschmerzen…
Ich frage mich, warum derartige Erkenntnisse von der Orthopädie bislang weitgehend ignoriert werden?
In der Tat ist die Erkenntnis, dass auf die Bandscheiben kein Druck wirken muss und die Wirbelsäule alleine durch Bänder und Muskeln in sich tragfähig ist, von entscheidender Bedeutung bei der Therapie zahlreicher orthopädischer Erkrankungen und vor allem chronischer Schmerzen. Auch wenn die Bandscheibe wichtige Funktionen hat – sie ist kein Stoßdämpfer (es gibt sie auch bei Fischen in der Schwerelosigkeit) und bei Schmerzen im Rücken ist sie nicht die Ursache.
Das Prinzip der weitgehenden Druckfreiheit gilt bei allen Gelenken des Menschen (sowie Tieren): Die Kräfte werden vor allem um das Gelenk herum geleitet und innerhalb des Gelenkes wirken an den Knorpelflächen der Knochen punktuell jeweils nur sehr geringe Kräfte. Einfacher Beweis: Der Knorpel ist so weich, dass man ihn mit dem Fingernagel einritzen kann. Würden hier wirklich Kräfte wirken, beispielsweise 50 kg Gewicht im Kniegelenk, dann wäre der Knorpel nach wenigen Sekunden zerstört. Zudem gibt es auch keinen Abrieb, wie wir ihn aus der technischen Mechanik kennen.
Ein derartiges System, dass auch in der Osteopathie-Lehre seit wenigen Jahren bekannt ist und dort auch mit Tensegrity bezeichnet wird, ist extrem stabil und nur extrem schwer zu zerstören. Hierbei hängt die Stabilität des Gesamtsystems aber extrem von der Funktionsfähigkeit der jeweiligen Einzelkomponenten ab, die alle ihren Anteil am Funktionieren des Gesamtsystems haben. In dem o.g. einfachen Holzmodell würde alles zusammenbrechen, wenn nur ein einziges Gummiband (Muskel) durchtrennt würde. Im menschlichen Körper übernimmt allerdings eine Vielzahl von einzelnen Knochen (Kompressionskomponenten), Bändern und Muskelfaserbündeln (Zugkomponenten) diese Funktion, so dass kleinere Störungen oder Verletzungen ohne große Auswirkungen auf das Gesamtsystem bleiben.
Die Komplexität des Körpers lässt sich modellhaft nicht abbilden. Doch wenn hier ein größerer Teil, beispielsweise durch jahrelange einseitige Tätigkeiten eine Überspannung oder Unbeweglichkeit aufweist, dann kann eine komplette Beweglichkeit ausfallen – teilweise aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb des System auch über weite Strecken entfernt. In der Regel sind die Störungen nicht im Bereich der Knochen, Knorpel oder Bändern zu suchen (die Domäne der Orthopädie) sondern stattdessen in den bewegenden Teilen (Muskeln/Sehnen/Faszien) – diese werden aus ärztlicher Sicht viel zu sehr unterbewertet. Von daher ist es schön, dass die Osteopathie-Lehre seit wenigen Wochen ihren ersten Lehrstuhl in Deutschland bekommen hat.
Konkret kann beispielsweise eine muskuläre Störung im Bereich des Brustbeines die Finger taub machen und ein Karpaltunnelsyndrom vortäuschen. Einfache Ursache, aber oftmals falsch therapiert, weil man nur das Symptom behandelt. Oder ein „einfacher“ Krampf der Bauchmuskulatur kann einen Hexenschuss verursachen, bei dem man sich innerhalb von Sekunden nicht mehr bewegen kann. Das Tensegrity Konzept ist ein leicht verstehbares „Modell“, warum Ursache und Störung oft in unterschiedlichen Köperarealen anzutreffen sind. Sehr häufig sind hier „vorne/hinten“ und „innen/außen“ therapeutisch wichtig.
Ich bin sicher, dass mit einer funktionellen Sichtweise und adäquater Therapie der menschlichen Bewegung/Beweglichkeit/Muskelfunktion ein Großteil der orthopädischen Operationen vermeidbar wäre. Hierbei sind die Beweglichkeitsübungen der Biokinematik aus meiner Sicht immer noch den Übungskonzepten anderer Disziplinen oftmals überlegen – aber leider bislang nur wenigen Therapeuten bekannt. An meinem Körper habe ich über einige Jahre vieles ausprobiert und bis heute kein besseres Beweglichkeitskonzept im Sinne eines Trainings kennengelernt. Weitere Ausführungen hierzu möchte ich mir an dieser Stelle sparen und verweise ggfs. auf mein Buch „Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele“.
In der Praxis treffe ich oft auch auf Menschen, denen eine OP angeraten worden war und welche diese am Ende durch ein aktives Umtrainieren der Muskulatur vermeiden konnten. Oft einfach, aber im Einzelfall auch durch ein anstrengendes Training über viele Monate hinweg. Die Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates wiederherzustellen lohnt sich aber immer und zahlt sich später im höheren Alter richtig aus. Zudem kann eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen auch emotionale Gründe haben und dann wäre eine Operation oft auch fehl am Platze.
Auf die Fragwürdigkeit vieler orthopädischer Operationen hat diese Woche auch der Verband der Krankenkassen hingewiesen:
http://www.welt.de/wirtschaft/article106394343/Kliniken-behandeln-oft-nur-um-Geld-zu-verdienen.html
Da ich in den letzten Jahrzehnten vielen Patienten über das Beweglichkeilstraining und Schmerztherapiekonzept der Biokinematik Operation ersparen können, kann ich sachlich die Argumente sehr gut nachvollziehen – wie so oft gilt hier möglicherweise der Satz „Folge der Spur des Geldes….“ – zahlreiche orthopädische Operationen bauen aus meiner Sicht auf einer falschen Kausalität auf und werden dann noch zusätzlich manchmal vorschnell (aus Sicht der Orthopädie-Lehre) verordnet. Daher sollte man doppelt wachsam sein und alternative Behandlungsansätze prüfen. Ein Test der Beweglichkeit der betroffenen Gelenkbereiche kann hier ein erster Hinweis auf andere, muskuläre Ursachen sein, die den Schmerz erklären. Sie sind auch oft die Grundlage für fehlende Regeneration im Sinne einer Arthrose. Man sollte nicht vergessen, dass gerade junge Menschen “gerne” operiert werden, weil die Komplikationsrate i.d.R. gering ist und man mittels Fallpauschale als Klinik einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften kann.