Existiert ein Schmerzgedächtnis wirklich?

 

Viele Menschen mit chronischen Schmerzen haben die Vorstellung, dass sich ein Schmerzreiz regelrecht in das Gehirn „eingebrannt“ hat und deshalb chronifiziert ist. Dies gilt in besonderem Maße, falls von medizinischer Seite kein ausreichender Grund für den Schmerz gefunden werden kann. Bei diesen Menschen wird dann oft davon ausgegangen, dass dem Schmerz nur noch durch extrem starke Schmerzmittel (z.B. Opioide) beizukommen ist, weil eine Art von Schmerzgedächtnis entstanden ist. Zudem argumentieren Medizinwissenschaftler, dass Schmerzen schon sehr frühzeitig  mit Medikamenten unterbunden werden sollten, damit ein solches Schmerzgedächtnis erst überhaupt nicht entsteht. Weiter noch gehen medizinische Interventionen, welche die Nerven betäuben oder durchtrennen – derartiges schädigt den Körper tatsächlich.

Doch nun zu der eigentlichen Frage: Gibt es ein Schmerzgedächtnis überhaupt und falls ja, welche Aufgaben hat es?

Die Antwort findet sich in Überlegungen zur Logik des Schmerzes. Über Jahrtausende hinweg hat sich der Mensch den biologischen Rahmenbedingungen perfekt angepasst. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, Schmerzen wahrzunehmen. Es muss also biologisch sinnvoll sein, Schmerzen wahrzunehmen.

Wenn dieser Schmerz (ein Bewusstseinsprozess) nun medikamentös ausgeschaltet wird, dann ist das vergleichbar mit der Ölkontroll-Leuchte im Auto, deren Aufleuchten mit der Zerstörung der Birne quittiert wird. So wie beim Auto, ist beim Menschen das Problem hierdurch nicht behoben. Gegen eine kurzzeitige Gabe von Schmerzmitteln, z.B. bei Unfällen oder einer starken Zerrung ist nichts einzuwenden. Doch die dauerhafte Gabe von Schmerzmitteln schränkt den Körper in seiner Wahrnehmungsfähigkeit ein und beseitigt das Problem nicht; dies gilt insbesondere für die stärkeren Schmerzmittel (Opiate), die das Bewusstsein vom Körper entkoppeln und so Selbstheilungsmechanismen empfindlich stören können.

Wenn ein Mensch unter (unspezifischen) chronischen Schmerzen leidet , dann möchte der Körper ihm durch den Schmerz etwas signalisieren. Es ist eine Art Botschaft, die vom Patienten und den Therapeuten leider häufig missverstanden wird.  An dieser Stelle unterscheide ich drei verschiedene Botschaften:

Die einfachste Form einer Körperbotschaft ist das aufmerksam machen auf eine akute Verletzung, z.B. nach einem Beinbruch oder einem Wespenstich. Diese Schmerzen verschwinden im Regelfall innerhalb kurzer Zeit und chronifizieren selten.

Komplexer wird es bereits bei Schmerzen, mit denen der Körper eine Art Warnung über körperliche Funktionszustände aussprechen will. Oft wird es sich hier um muskuläre Anspannungszustände und Funktionsdefizite handeln, die vom Körperbewusstsein wahrgenommen und über den Schmerz artikuliert werden. Abhilfe schafft hier ein Körpertraining, um die Muskeln wieder in ihren natürlichen Funktionszustand zu versetzen. Zudem kann der Anspannungszustand der Muskulatur oftmals durch Druckpunkte (Trigger) beeinflusst werden. Hier erlebe ich in der Praxis häufig, dass auch monatelange Beschwerden innerhalb von Minuten verschwinden können, obwohl der Patient schon von einem „Schmerzgedächtnis“ ausging. Oftmals ist eine solche Erfahrung „fast zu gut, um wahr zu sein“. Derartige muskuläre Probleme werden leider oft nicht richtig diagnostiziert, da sie auch mit bildgebenden Verfahren nicht wirklich gut sichtbar zu machen sind. Diese Patienten werden deshalb manchmal von Ärzten zu Unrecht in die psychische „Ecke“ gedrängt, obwohl sie lediglich ein rein muskuläres Funktionsdefizit haben, dass körperlich behebbar ist.

Die dritte Art von Botschaft, die der Körper über den Schmerzreiz sendet, ist dagegen wirklich rein emotionaler Natur. Mit derartigen Beschwerden habe ich in der Praxis häufig zu tun. Diese erfordern aber ein gänzlich anderes therapeutisches Vorgehen als beispielsweise die Muskulatur zu beüben:

Das Gehirn speichert alle Erlebnisse eines Menschen minutiös ab und verknüpft diese mit den emotionalen Erlebnissen der Vergangenheit. Im Prinzip kann man sich das wie eine riesengroße Excel Tabelle vorstellen, in der Lebensvorgänge mit ihren Folgen und dem jeweiligen Gefühl abgespeichert werden. Das Unterbewusstsein, dass die Aufgabe hat uns zu beschützen, vergleicht permanent diese Datenbasis der Vergangenheit mit den aktuellen Ereignissen.  Droht nun – aus Sicht des Unterbewusstseins  – eine akute Gefahr, wird es eine Botschaft aussenden. Meist sind es körperliche Eingriffe, darunter häufig auch Schmerzreize. Es ist eine Warnung, die hier unbewusst ausgesendet wird und solange diese Botschaft nicht „verstanden“ wird, wird der Schmerz aufrechterhalten und verstärkt sich evtl. sogar immer weiter.

Hier liegen für mich die Gründe für ein „Schmerzgedächtnis“ und ich erlebe in der Praxis häufig, dass Schmerzen sogar bereits innerhalb einer Behandlung verschwinden können, wenn die Botschaft erkannt und verstanden wird. Oftmals werden es Ereignisse aus der Vergangenheit sein, welche mit Angst, Schock, Schuld, Scham und/oder Wut zu tun haben. Ein wenig komplex wird es allerdings dadurch, dass der Betroffene sich in der Regel nicht bewusst an eine Situation der Vergangenheit erinnern kann, denn aufgrund des Traumas will er sich nicht erinnern – das Unterbewusstsein will ihn dagegen gleichzeitig warnen. Ein Konflikt, der aufgelöst werden muss. Oft bin ich dann in der Lage, die wirkliche Ursache soweit an die Oberfläche zu bringen, dass es wie in einer Art Videofilm gesehen werden kann.  Löst man dieses „Trauma“ dann auf geeignete Art und Weise auf, wirkt die Situation im HEUTE nicht mehr bedrohlich – der chronifizierte Schmerz (=Warnung) macht keinen Sinn mehr und verschwindet augenblicklich.

Derartige Erlebnisse in Behandlungssitzungen hatte ich häufig und deshalb kann ich heute an die wissenschaftliche Theorie eines „eingebrannten Schmerzes“ nicht mehr glauben. Ich werde in Zukunft immer wieder einmal Fälle aus Praxis im Newsletter schildern, die chronische Schmerzen begründeten, aber emotionale Ursachen hatten.

Mir ist bewusst, dass es sich um ein komplexes Thema handelt, dass in der Kürze eines Newsletters  nur schwer durchdringbar ist. Dennoch hoffe ich, dass es Anregungen für Ihren Geist sind, warum es Schmerzen gibt und für was sie gut sind. Für mich steht jedenfalls fest: Sie sind nicht unsere Feinde, so unangenehm wie sie sein mögen. Und sie können so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind, wenn die wahre Ursache erkannt und behoben worden ist.

 

In meinen Seminaren zum Thema „Ganzheitliche Heilkunde für Körper, Geist und Seele“ erkläre ich diese Zusammenhänge ausführlich und demonstriere auch die Art und Weise, wie emotionale Blockaden oder Konflikte aufgelöst werden können. Hierbei spielt „Die Kraft der Nächstenliebe“ eine große Rolle.